Tamara Henkes, Björn Folgmann
1. Kläger
Rz. 165
Wurde dem Kläger, dem Berufungskläger oder dem Revisionskläger Prozesskostenhilfe bewilligt und ist nicht bestimmt worden, dass Zahlungen an die Bundes- oder Landeskasse zu leisten sind, so hat dies für den Gegner die einstweilige Befreiung von den in Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a bezeichneten Kosten zur Folge (§ 122 Abs. 2 ZPO).
Rz. 166
Die Vorschrift des § 122 Abs. 2 ZPO schützt den Beklagten bei einem verlorenen Prozess davor, von dem Kläger, dem uneingeschränkt Prozesskostenhilfe ohne Zahlungsbestimmungen bewilligt worden ist, wegen dessen Anspruch bezüglich der entstehenden bzw. rückständigen Gerichts- bzw. Gerichtsvollzieherkosten in Anspruch genommen zu werden. Denn genauso wie der Kläger, dem Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt wurde, bei einem gewonnenen Rechtsstreit von solchen Kosten über die Regelung des § 122 Abs. 1 Buchst. a ZPO befreit ist, muss dies auch für den Beklagten gelten. Andernfalls läge ein Widerspruch vor.
Rz. 167
Hinweis
Da die Regelung davon ausgeht, dass dem Kläger, Berufungskläger oder dem Revisionskläger Prozesskostenhilfe ohne Zahlungsbestimmungen bewilligt wurde, gilt im Umkehrschluss, dass bei Nichtvorliegen dieser Voraussetzungen die beklagte Partei wegen der genannten Kosten in Anspruch genommen werden kann.
2. Beklagter
Rz. 168
Ebenfalls findet die Vorschrift des § 122 ZPO expressis verbis keine Anwendung, falls dem Beklagten Prozesskostenhilfe ohne Zahlungsbestimmungen bewilligt wurde. Bei verlorenem Prozess würde er zunächst über § 122 Abs. 1 Buchst. a ZPO von den entstehenden bzw. rückständigen Gerichts- bzw. Gerichtsvollzieherkosten befreit werden. Dies nützt ihm allerdings wenig. Denn die Staatskasse würde sich in einem solchen Fall beim Kläger nach § 31GKG schadlos halten. Dies hätte wiederum zur Folge, dass dieser sodann seine Forderung über den Kostenerstattungsanspruch nach § 91 ZPO (vgl. § 123 ZPO) realisieren würde. Eine solche Konsequenz würde dem Gesetz zuwiderlaufen. Deshalb wird die beklagte Partei über die Regelung des § 31 GKG geschützt. Hiernach soll nämlich ein anderer Kostenschuldner nicht in Anspruch genommen werden, wenn dem nach § 29 Nr. 2 GKG haftenden Entscheidungsschuldner Prozesskostenhilfe bewilligt wurde.
Rz. 169
Da § 122 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 122 Abs. 1 Buchst. a ZPO von "entstehenden" bzw. "rückständigen" Gerichts- und Gerichtsvollzieherkosten ausgeht, ist zunächst fraglich, was geschieht, wenn dies nicht der Fall ist. Dies ist dann gegeben, wenn bereits bei Klageeinreichung der erforderliche dreifache Verfahrensvorschuss geleistet wurde. Bislang wurde von der herrschenden Ansicht davon ausgegangen, dass der Kläger sich diesbezüglich an den Prozesskostenhilfe-Beklagten halten könne. Das BVerfG hat eine solche Folge jedoch für verfassungswidrig erklärt. Vielmehr ist die Staatskasse verpflichtet, dem Kläger die entsprechenden Vorschüsse zurückzuerstatten. Dies gilt auch dann, wenn der Beklagte nach dem Prozesskostenhilfebewilligungsbeschluss monatliche Raten zu erbringen hat.
Rz. 170
Schließen allerdings die Parteien einen Prozessvergleich, so gilt dies nicht. Vielmehr muss die beklagte Partei, der Prozesskostenhilfe bewilligt wurde, einen Gerichtskostenanteil zahlen. Dies führt dazu, dass der Kläger, der die Gerichtskosten in voller Höhe gezahlt hat, entsprechend den nach der vereinbarten Quote dem Beklagten zufallenden Anteil gegen diesen festsetzen lassen kann. Insofern hat die Prozesskostenhilfe-Bewilligung daher keinen Nutzen. Dieser Verpflichtung des Beklagten steht auch die zitierte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nicht entgegen. Denn dieser Fall ist nur bei einer gerichtlichen Entscheidung anwendbar und nicht, wenn der Rechtsstreit durch Parteivereinbarung, z.B. durch einen Vergleich, beendet wird.
Rz. 171
Hinweis
Eine Nichtbeachtung dieser – zwischenzeitlich durch den BGH entschiedenen – Grundsätze kann für einen Anwalt zu Regressansprüchen der von diesem vertretenen Prozesskostenhilfe-Partei führen. Insofern besteht vor einem Vergleichsabschluss eine Aufklärungsverpflichtung hinsichtlich des Kostenrisikos.
Rz. 172
Tipp
Taktisch sinnvoll ist es daher für den Prozesskostenhilfe-Beklagtenvertreter, den Vergleichsabschluss zunächst nur auf die Hauptsache zu beschränken und sodann die Hauptsache nach erfolgter Protokollierung des Vergleiches für erledigt zu erklären, um das Gericht zu einer Kostenentscheidung "zu zwingen". Eine Regelung zur Kostentragung darf in diesem Fall nicht in den Vergleich aufgenommen werden. Die Folge ist, dass dann die Regelung des § 31 GKG wieder greift, da eine "Entscheidung" im Sinne dieser Regelung gegeben ist. Hieraus folgt wiederum, dass ein...