Isabel Hexel, Martina Hidalgo
Rz. 125
Gegen Urteile der Arbeitsgerichte kann unter den Voraussetzungen der §§ 64 ff. ArbGG das Rechtsmittel der Berufung eingelegt werden. Durch die rechtzeitige Einlegung der statthaften Berufung wird gem. § 705 S. 2 ZPO der Eintritt der formellen Rechtskraft der angefochtenen Entscheidung gehemmt. Mit der Berufungseinlegung wird der Rechtsstreit automatisch beim LAG anhängig. Für die weitere Entscheidung in der Sache ist nur noch das LAG zuständig. Vor diesem wird der Rechtsstreit im Rahmen der gestellten Anträge neu verhandelt. Das angegriffene Urteil wird in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht überprüft. Trotz der Änderungen durch das ZPO-Reformgesetz vom 27.7.2001 (ZPORefG) hat das LAG nach wie vor die Funktion einer zweiten Tatsacheninstanz. Es ist an die erstinstanzlich festgestellten Tatsachen nur insoweit gebunden, als nicht konkrete Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründet oder im Einklang mit den Präklusionsvorschriften vorgetragene neue Tatsachen zu berücksichtigen sind. Das lässt trotz der arbeitsgerichtlichen Präklusionsregelung in § 67 ArbGG viel Raum für neuen Tatsachenvortrag.
Rz. 126
Das Rechtsmittel der Revision eröffnet die dritte Instanz gegen Urteile der LAG und bei der Sprungrevision (§ 76 ArbGG) gegen Urteile der Arbeitsgerichte. Zuständig ist das BAG. Es prüft die Urteile allein in rechtlicher und nicht in tatsächlicher Hinsicht. Grundlage der Entscheidung des BAG sind die Feststellungen im unstreitigen Tatbestand des angegriffenen Urteils. Wegen dieser Bindungswirkung ist das Urteil des LAG umgehend auf Unrichtigkeiten im Tatbestand durchzusehen, um ggf. fristgerecht einen Tatbestandsberichtigungsantrag zu stellen (vgl. dazu Rdn 198).
Rz. 127
Die Revision ist nur statthaft, wenn sie entweder vom LAG im Urteil (§ 72 Abs. 1 ArbGG) oder vom BAG auf eine Nichtzulassungsbeschwerde (§ 72a ArbGG) oder bei der Sprungrevision durch das Arbeitsgericht durch Urteil oder Beschluss (§ 76 ArbGG) zugelassen worden ist.
Rz. 128
Nach Umgestaltung des Beschwerderechts durch das ZPORefG gibt es nur noch die fristgebundene sofortige Beschwerde mit Abhilfemöglichkeit. Sie ist bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 567 Abs. 1 ZPO gegen Entscheidungen der Arbeitsgerichte gegeben. Gegen Entscheidungen der LAG ist die Rechtsbeschwerde zum BAG nur eröffnet, wenn sie zugelassen worden ist.
Rz. 129
Der Gesetzgeber hat durch das Gesetz über die Rechtsbehelfe bei Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör vom 9.12.2004 (Anhörungsrügengesetz) zum einen den Zugang zum BAG erheblich erleichtert und zum anderen für das arbeitsgerichtliche Verfahren mit § 78a ArbGG eine eigenständige Abhilferegelung für Fälle der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geschaffen. Zur Vermeidung einer Verfassungsbeschwerde ist das ArbG bei unanfechtbaren Urteilen gehalten, unter den Voraussetzungen von § 78a ArbGG sein eigenes Urteil zu überprüfen und ggf. rechtskraftdurchbrechend nachträglich noch abzuändern.