Isabel Hexel, Martina Hidalgo
Rz. 510
Die in den §§ 87–91 ArbGG geregelte Beschwerde im Beschlussverfahren eröffnet wie die Berufung im Urteilsverfahren die zweite Instanz gegen Entscheidungen der Arbeitsgerichte. Es gelten zunächst die in §§ 87 ff. ArbGG geregelten Besonderheiten des Beschlussverfahrens, daneben die Vorschriften zum arbeitsgerichtlichen Berufungsverfahrens (§§ 64 ff. ArbGG) und über § 64 Abs. 6 und 7 in Verbindung mit § 46 Abs. 2 ArbGG die Vorschriften über die Berufung und das erstinstanzliche Verfahren nach der ZPO, soweit Besonderheiten des Beschlussverfahrens nicht entgegenstehen. Das Verfahren wird vor dem LAG in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht vollen Umfangs neu verhandelt. Grds. kann gegen jeden die erste Instanz beendenden Beschluss beim LAG Beschwerde gem. § 87 ArbGG eingelegt werden, soweit der Beschwerdeführer beschwerdeberechtigt und durch den Beschluss des Arbeitsgerichts beschwert ist. Anders als bei der Berufung hängt die Statthaftigkeit der Beschwerde im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren weder von einer Mindesthöhe des Streit- oder Beschwerdewerts noch von einer Zulassung des Rechtsmittels ab. Gegenstand des Beschlussverfahrens sind vornehmlich Angelegenheiten aus dem BetrVG, dem SprAuG, dem MitbestG, dem EBRG und aus den §§ 177, 178 und 222 SGB IX. Ferner wird im Beschlussverfahren über die Tariffähigkeit und Tarifzuständigkeit einer Vereinigung, die Wirksamkeit einer Allgemeinverbindlicherklärung und über den nach § 4a Abs. 2 S. 2 TVG im Betrieb anwendbaren Tarifvertrag entschieden (s. § 2a Abs. 1 ArbGG).
In personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren entscheiden die Verwaltungsgerichte in entsprechender Anwendung der Vorschriften des ArbGG.
Rz. 511
Ausnahmsweise ist das BAG für die Überprüfung Instanz beendender Beschlüsse des Arbeitsgerichts zuständig, und zwar bei Zulassung der Sprungrechtsbeschwerde, wenn die Rechtsbeschwerde beim BAG eingelegt wird, und in Verfahren nach §§ 122 Abs. 3, 126 Abs. 2 S. 2 InsO, wenn das Arbeitsgericht die Rechtsbeschwerde in seinem Beschluss zugelassen hat.
Rz. 512
Verfahrensleitende Beschlüsse und Verfügungen des Arbeitsgerichts sind nicht mit der Beschwerde gem. § 87 ArbGG angreifbar. Für sie gelten vielmehr die Vorschriften über das allgemeine Beschwerdeverfahren (§ 83 Abs. 5 i.V.m. § 78 ArbGG). Das betrifft z.B. Entscheidungen des Arbeitsgerichts über die Aussetzung des Verfahrens, die Zulässigkeit des Rechtswegs oder der Verfahrensart.
Gegen den Einstellungsbeschluss des Vorsitzenden, der ergeht, nachdem der Antrag zurückgenommen oder übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist, ist Beschwerde gem. § 87 ArbGG einzulegen, weil der Einstellungsbeschluss das Verfahren beendet.
Rz. 513
Die Rechtsbeschwerde eröffnet die dritte Instanz im Beschlussverfahren. Sie richtet sich gegen Beschlüsse des LAG, die ein Beschlussverfahren beenden. Ihre Statthaftigkeit hängt davon ab, dass sie in dem Beschluss des LAG oder aufgrund einer Nichtzulassungsbeschwerde vom BAG zugelassen worden ist. Die Rechtsbeschwerde führt nur zu einer Überprüfung in rechtlicher Hinsicht. Dabei werden die vom LAG getroffenen tatsächlichen Feststellungen zugrunde gelegt. Es handelt sich nicht um eine weitere Tatsacheninstanz.
Rz. 514
Nicht mit der Rechtsbeschwerde angreifbar sind Beschlüsse des LAG, mit denen eine unzulässige Beschwerde ohne mündliche Verhandlung verworfen worden ist, weil sie nicht in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt oder begründet worden ist (§ 89 Abs. 3 S. 1 und 2 ArbGG) sowie Beschlüsse über die Bestellung und Besetzung einer Einigungsstelle (§ 100 Abs. 2 S. 4 ArbGG). Auch gegen Beschlüsse durch die eine einstweilige Verfügung oder ein Arrest im Beschlussverfahren erlassen worden ist, ist keine Rechtsbeschwerde gegeben, § 92 Abs. 1 S. 3, § 85 Abs. 2 ArbGG.
Rz. 515
Verfahrensbegleitende Beschlüsse im zweiten Rechtszug des Beschlussverfahrens können lediglich mit der (allgemeinen) Rechtsbeschwerde angegriffen werden, wenn das LAG über eine sofortige Beschwerde nach § 78 i.V.m. § 83 Abs. 5 ArbGG entscheidet und die Rechtsbeschwerde zugelassen hat. Für diese Beschwerdeverfahren gelten nicht die §§ 92–96 ArbGG, sondern die §§ 567 ff. ZPO.