Isabel Hexel, Martina Hidalgo
Rz. 721
Erste Schwierigkeiten treten häufig bereits bei Bestimmung des Antragsgegners auf. Dies können grundsätzlich die streikführende Gewerkschaft selbst, deren Untergliederungen oder Individuen (lokale Streikleiter) sein. Die streikführende Gewerkschaft ist parteifähig gemäß § 10 ArbGG, so dass nur die Einzelheiten (ladungsfähige Anschriften der vertretungsberechtigten Personen etc.) zu klären sind. Problematischer ist die Parteifähigkeit von gewerkschaftlichen Untergliederungen, insbesondere deren Landesbezirke. So kann zwar nach § 70 Abs. 2 der Satzung von ver.di der Bundesvorstand im Fall kurzzeitiger befristeter Arbeitsniederlegungen und Warnstreiks sein Entscheidungsrecht delegieren. Ob er dies jedoch im Einzelfall tut, entzieht sich in der Regel der Kenntnis des Arbeitgebers. Somit besteht das Risiko der Abweisung des Antrages als unzulässig jedenfalls gegen gewerkschaftliche Untergliederungen. Gleichwohl sollten wegen der im arbeitsgerichtlichen Verfahren geringen Kostenfolgen vorsorglich Verfügungen auch gegen die gewerkschaftlichen Untergliederungen beantragt werden. Gleiches gilt in Bezug auf die am Streik beteiligten natürlichen Personen, jedenfalls soweit es sich um die Streikleitungen etc. handelt. Damit schließt man beispielsweise das Risiko aus, dass sich Gewerkschaften jedenfalls bei exzessiven Maßnahmen des Arbeitskampfes auf die Position zurückziehen, die zur Überprüfung des Gerichts gestellte Maßnahme sei weder von der Gewerkschaft durchgeführt noch von ihr gebilligt, so dass sich der Antrag nicht gegen die Gewerkschaft richten dürfe. Dann richtet sich der Antrag jedenfalls gegen die namentlich benannten "Rädelsführer". Es kann sinnvoll sein, den Vorstand der maßgeblichen Gewerkschaft zuvor, wegen der Eilbedürftigkeit per Fax, von bestimmten Arbeitskampfmaßnahmen in Kenntnis zu setzen, zu unterstellen, diese Maßnahmen seien von der Gewerkschaft durchgeführt oder zumindest gebilligt, und eine Frist zu setzen, auf die Gewerkschaftsmitglieder mäßigend einzuwirken und das unrechtmäßige Verhalten abzustellen, sollte es sich nicht um eine von der Gewerkschaft gebilligte Maßnahme handeln. Dann fällt es der Gewerkschaft schwer, die Verantwortung für rechtswidrige Arbeitskampfmaßnahmen abzulehnen. Auf Arbeitgeberseite können sowohl der betroffene Arbeitgeber als auch der betroffene Arbeitgeberverband aktiv legitimiert sein, soweit es um tarifliche Arbeitskampfmaßnahmen geht.
Rz. 722
Richtige Verfahrensart ist das Urteilsverfahren nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 und 3 d) ArbGG, nicht jedoch das arbeitsgerichtliche Beschlussverfahren. Zuständig sind allein die Arbeitsgerichte; für die teilweise angenommene Ersatzzuständigkeit der Amtsgerichte nach § 942 ZPO ist angesichts der Ausschließlichkeit der nebeneinander bestehenden Rechtswege zu den Arbeits- und Zivilgerichten kein Raum. Ohne Einfluss bleiben zwischen den Tarifvertragsparteien bestehende Schiedsvereinbarungen. Denn sie erfassen allenfalls Entscheidungen zur Hauptsache, nicht jedoch den Rechtsschutz im einstweiligen Verfügungsverfahren.
Rz. 723
Nicht zuletzt die arbeitsgerichtlichen Auseinandersetzungen zwischen der Deutsche Bahn AG und der Gewerkschaft der Lokführer haben verdeutlicht, dass das Fehlen einer ausdrücklichen örtlichen Zuständigkeitsregelung in Arbeitskampfsachen zu einem von Taktik geprägten "Gerichts-Shopping" führen kann. Nach § 46 Abs. 2 ArbGG richtet sich die örtliche Zuständigkeit im Hauptsacheverfahren prinzipiell nach den Gerichtsständen der ZPO. Sie sind aufgrund der Verweisung in § 62 Abs. 2 S. 1 ArbGG gemäß § 937 Abs. 1 ZPO auch maßgeblich für die Bestimmung des Gerichtsstandes bei einstweiligem Rechtsschutz in Arbeitskampfsachen. Uneinigkeit herrscht jedoch, welche Vorschriften der ZPO jedenfalls auf überregionale oder bundesweite Arbeitskampfmaßnahmen Anwendung finden. Neben dem Gerichtsstand des Erfüllungsortes, wobei als maßgebliches Schuldverhältnis i.S.d. § 29 Abs. 1 ZPO die Friedenspflicht angesehen wird, dem Sitz des Arbeitgebers, des Verbandes oder der Gewerkschaft wird überwiegend der besondere Gerichtsstand der unerlaubten Handlung gemäß § 32 ZPO als zulässiger Gerichtsstand angesehen.
Rz. 724
Besonderes Augenmerk verdient die Antragstellung. Insbesondere bei Globalanträgen besteht das Risiko, dass der Antrag zwar nicht als unzulässig, aber als unbegründet abgewiesen wird, wenn nur eine der von dem Globalantrag erfassten Konstellationen existiert, in der das geltend gemachte Recht nicht besteht. Zudem müssen insbesondere bei den in der Praxis häufig vorkommenden Unterlassungsanträgen in Bezug auf einzelne vermeintlich rechtswidrige Arbeitskampfmaßnahmen die Anforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO erfüllt sein, d.h. die Anträge müssen eindeutig erkennen lassen, welche Verhaltensweisen dem Schuldner verboten werden sollen. Im Übrigen ist die Ordnungsgeldandrohung nach Maßgabe des § 890 ZPO ebenso zu beantragen wie die vollstreckbare Kurzausfertigung nach