Isabel Hexel, Martina Hidalgo
a) Einführung
Rz. 433
§ 78a BetrVG dient dem Schutz Auszubildender, die in einem betriebsverfassungsrechtlichen Gremium tätig sind oder waren. Neben der Begründung eines Informationsrechts zugunsten des Auszubildenden (Abs. 1) wird dieser vor allem dadurch privilegiert, dass die Norm unter bestimmten Voraussetzungen ein an die Ausbildung anschließendes unbefristetes Arbeitsverhältnis fingiert (Abs. 2), gegen das der Arbeitgeber nur bei einer Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung erfolgreich gerichtlich vorgehen kann (Abs. 4). Der durch §§ 78, 103 BetrVG und § 15 KSchG gewährte amtsbezogene Schutz wird somit auf Auszubildende erweitert. Denn dem aus § 21 BBiG folgenden automatischen Ende des Ausbildungsverhältnisses wird gleichsam ein Recht auf Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis gegenüber gestellt, soweit der Auszubildende Mitglied eines betriebsverfassungsrechtlichen Gremiums ist. Die Kontinuität des Amtes wird so gewahrt.
Rz. 434
Der in § 78a Abs. 1 BetrVG statuierten Informationsverpflichtung des Arbeitgebers kommt lediglich eine geringe Bedeutung zu; die Norm ist im Kern eine reine Ordnungsvorschrift. Beabsichtigt der Arbeitgeber, einen Auszubildenden, der Mitglied eines betriebsverfassungsrechtlichen Gremiums ist, nach Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses nicht in ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit zu übernehmen, muss er dies dem Auszubildenden drei Monate vor Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses schriftlich mitteilen. Da jedoch gemäß § 78a Abs. 5 BetrVG die Voraussetzungen für die Fiktion eines unbefristetes Arbeitsverhältnisses sowie deren gerichtliche Anfechtung von der Mitteilungspflicht des Abs. 1 unabhängig sind, hat das Unterlassen der Unterrichtung nicht bereits zur Folge, dass automatisch ein Arbeitsverhältnis begründet würde. Allerdings kommen Schadensersatzansprüche des Auszubildenden gegenüber dem Arbeitgeber in Betracht, etwa wenn dieser in Erwartung der Übernahme infolge der verspäteten oder unterlassenen Mitteilung durch den Arbeitgeber ein anderes Arbeitsverhältnis ausgeschlagen hat.
Praxistipp
Bietet der Arbeitgeber dem Auszubildenden ein befristetes Arbeitsverhältnis oder ein solches in Teilzeit an, empfiehlt es sich für den Auszubildenden, dieses unter Vorbehalt anzunehmen, und die Rechte aus § 78a Abs. 2 BetrVG parallel geltend zu machen.
b) Entstehung der Weiterbeschäftigungspflicht gemäß § 78a Abs. 2 BetrVG
Rz. 435
Die eigentliche Bedeutung von § 78a BetrVG liegt darin, dass der Auszubildende durch eine einseitige Erklärung ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zu begründen vermag, selbst wenn der Arbeitgeber bereits erklärt hat, an einer Weiterbeschäftigung nicht interessiert zu sein. Ändert der Arbeitgeber seine Auffassung noch und beschäftigt den fertig Ausgebildeten weiter, gelangt nicht § 78a BetrVG, sondern § 24 BBiG zu Anwendung. Nach dessen Regelungsinhalt führt – mangels vertraglicher Vereinbarung – die tatsächliche Weiterbeschäftigung nach dem Ende der Ausbildung zur Fiktion eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses. Verweigert der Arbeitgeber die tatsächliche Weiterbeschäftigung des Mitarbeiters, kann eine Weiterbeschäftigungspflicht aus § 78a Abs. 2 BetrVG erfolgen, soweit dessen Voraussetzungen erfüllt sind.
Rz. 436
Ein Übernahmerecht haben gemäß § 78a Abs. 1, 2 BetrVG nur in Ausbildung befindliche Mitglieder von Betriebsverfassungsorganen. Unter den Begriff des Auszubildenden sind jedenfalls solche Arbeitnehmer zu fassen, die in durch das BBiG staatlich anerkannten Ausbildungsberufen ausgebildet werden, also einen Beru...