Chr. Hendrik Scholz, Dr. Tina Witten
Rz. 322
Im Rahmen seiner Tätigkeit kann der Betriebsrat mit komplexen rechtlichen Fragestellungen konfrontiert sein, zu deren Erörterung und Lösung er auf die Beratung eines externen Rechtsanwalts angewiesen ist. Aus diesem Grund räumt § 80 Abs. 3 BetrVG dem Betriebsrat das Recht ein, bei der Durchführung seiner Aufgaben nach näherer Vereinbarung mit dem Arbeitgeber einen Sachverständigen hinzuzuziehen, soweit dies zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist. Als Sachverständiger kommt grundsätzlich nur eine Person in Betracht, die dem Betriebsrat ihm fehlende Fachkenntnisse zur Beantwortung konkreter, aktueller Fragen vermitteln soll, damit der Betriebsrat die ihm obliegende betriebsverfassungsrechtliche Aufgabe sachgerecht erfüllen kann. Der Sachverständige muss kein Betriebsangehöriger sein. Auch Rechtsanwälte können als Sachverständige fungieren, wenn es darum geht, dem Betriebsrat fehlende Rechtskenntnisse zu vermitteln. Der Sachverständige braucht nicht "neutral" zu sein, so können z.B. auch Gewerkschaftsvertreter als Sachverständige fungieren. Liegen die im Folgenden beschriebenen Voraussetzungen des § 80 Abs. 3 BetrVG vor, sind die durch die Beratung des Rechtsanwalts entstandenen Kosten nach § 40 Abs. 1 BetrVG vom Arbeitgeber zu tragen. § 80 Abs. 3 BetrVG findet im Übrigen auch entsprechend Anwendung auf die Hinzuziehung von Sachverständigen durch den Wahlvorstand.
a) Konkreter Bezug zu Betriebsratsaufgaben
Rz. 323
Ein Recht auf Hinzuziehung eines Rechtsanwalts besteht nur, wenn dieser den Betriebsrat bei der Erfüllung einer konkreten betriebsverfassungsrechtlichen Aufgabe unterstützen soll. Nicht von dem Anspruch aus § 80 Abs. 3 BetrVG erfasst ist daher die Beauftragung eines Rechtsanwalts zur allgemeinen Vermittlung von Fachkenntnissen ohne konkreten Aufgabenbezug quasi auf Vorrat. Diese allgemeinen Kenntnisse ohne konkreten betrieblichen Aufgabenbezug werden den Betriebsratsmitgliedern auf Schulungen vermittelt, auf die diese sowie der Betriebsrat als Organ nach § 37 Abs. 6 und 7 BetrVG einen Anspruch haben. Die Abgrenzung kann im Einzelfall schwierig sein, da der Betriebsrat zur Frage, welche Mitbestimmungsrechte allgemein bei Betriebsänderungen bestehen, keinen Sachverständigen hinzuziehen kann. Ist aber wie im oben genannten Beispiel der Betriebsrat mit der Aufforderung zur Verhandlung durch den Arbeitgeber konfrontiert und besteht somit ein Bezug zur konkreten Betriebsratsaufgabe, muss sich der Betriebsrat nicht auf den Schulungsanspruch verweisen lassen.
Zudem muss die Hinzuziehung des Rechtsanwalts unabhängig von einem konkreten Rechtsstreit erfolgen. Wird ein Rechtsanwalt als Prozessbevollmächtigter in einem Beschluss- oder Einigungsstellenverfahren oder auch nur zur Vermeidung einer gerichtlichen Auseinandersetzung in einem konkreten Konfliktfall hinzugezogen, findet ausschließlich § 40 BetrVG Anwendung. Die Grenze zur Tätigkeit als Sachverständiger wird erst überschritten, wenn der Rechtsanwalt losgelöst von konkreten Konfliktfällen zur Beratung hinzugezogen wird. Eine Tätigkeit als Sachverständiger nach § 80 Abs. 3 BetrVG bzw. als Berater nach § 111 S. 2 BetrVG ist etwa anzunehmen, wenn der Rechtsanwalt zur Beratung über eine vom Arbeitgeber vorgeschlagene komplexe Betriebsvereinbarung oder zur Ausarbeitung des Entwurfs eines schwierigen Interessenausgleichs hinzugezogen wird. Dagegen ist es weder Aufgabe eines Sachverständigen noch Aufgabe eines Beraters als Vertreter des Betriebsrats aufzutreten und Verhandlungen mit dem Arbeitgeber zu führen. Bei der außergerichtlichen Vertretung in einem Streit um ein Mitbestimmungsrecht kann daher auch für die vorgehende Prüfung, ob ein Mitbestimmungsrecht besteht, nicht die Hinzuziehung des Rechtsanwalts als Sachverständiger verlangt werden. Der Ersatz der Rechtsanwaltskosten richtet sich in diesem Fall ausschließlich nach § 40 BetrVG.
b) Erforderlichkeit der Hinzuziehung eines Rechtsanwalts
Rz. 324
Die Hinzuziehung des Rechtsanwalts muss weiter erforderlich sein. Die Erforderlichkeit ist ...