Chr. Hendrik Scholz, Dr. Tina Witten
Rz. 579
Die Vollstreckung zur Erwirkung von Handlungen richtet sich nach den §§ 887, 888 ZPO, wobei zwischen vertretbaren und nicht vertretbaren Handlungen zu unterscheiden ist. Vertretbare Handlungen sind nach § 887 ZPO zu vollstrecken. Dies betrifft Handlungen, bei deren Vornahme ein Dritter den Schuldner vertreten und die gleichen rechtlichen und wirtschaftlichen Folgen herbeiführen kann, die eintreten würden, wenn der Schuldner die Handlung persönlich vornehmen würde. Unvertretbare Handlungen, die nach § 888 ZPO vollstreckt werden, sind solche, die nur vom Schuldner persönlich vorgenommen werden können und ausschließlich von seinem Willen abhängen. Statt der Vollstreckung gemäß den §§ 887, 888 ZPO kann die klagende Partei allerdings auch nach § 61 Abs. 2 ArbGG einen Entschädigungsantrag stellen und beantragen, dass der Beklagte für den Fall, dass die Handlung nicht binnen einer bestimmten Frist vorgenommen wird, zur Zahlung einer nach freiem Ermessen festzusetzenden Entschädigung verurteilt wird. Wird der besondere Entschädigungsantrag nach § 61 Abs. 2 ArbGG gestellt, ist eine Vollstreckung nach den §§ 887, 888 ZPO nicht möglich.
Rz. 580
Häufige Fälle der §§ 887, 888 ZPO im arbeitsgerichtlichen Verfahren sind u.a.:
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Entfernung einer Abmahnung aus den Personalakten |
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Ausfüllen oder Berichtigung von Arbeitspapieren |
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Zustimmung zur Verringerung der Arbeitszeit nach § 8 Abs. 4 S. 1 TzBfG |
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Gewährung der Einsicht in Gehaltslisten, Bewerberlisten, Personalakten, etc. |
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Gewährung von Erholungsurlaub |
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Durchsetzung eines titulierten Weiterbeschäftigungsanspruchs (§ 888 ZPO) |
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Berichtigung oder Erteilung eines Zeugnisses (§ 888 ZPO) |
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Erteilung einer Entgeltabrechnung |
Rz. 581
Bei der Vollstreckung des Zeugnisanspruchs ist besonderes Augenmerk auf die Bestimmtheit des Titels zu legen. Formulierungen in einem Vergleich wie "der Note gut entsprechend" sind nicht hinreichend bestimmt. Auch hier gilt, dass Ungenauigkeiten aus dem Erkenntnisverfahren grundsätzlich nicht in das Vollstreckungsverfahren verlagert werden dürfen. Einigen sich die Parteien auf bestimmte konkretisierende zeugnisübliche Kernformulierungen – z.B. "stets zu unserer vollen Zufriedenheit"; "immer einwandfrei" – hat der Titel einen vollstreckbaren Inhalt. Eine ergänzend aufgenommene Zeugnisnote wäre in diesem Fall unschädlich, z.B. "Die beklagte Partei erteilt der Klägerin ein qualifiziertes Arbeitszeugnis mit einer mindestens guten Leistungs- und Verhaltensbeurteilung (Leistungsbeurteilung "stets zur vollen Zufriedenheit", Verhaltensbeurteilung "immer einwandfrei")."
Nicht hinreichend bestimmt ist eine Formulierung in einem Vergleich, nach der das Zeugnis eine Abschlussformulierung entsprechend der Note "gut" enthalten soll. Dagegen ist eine Regelung hinreichend bestimmt, wenn der Inhalt der Abschlussformulierung konkret geregelt wird. Es ist zudem anerkannt, dass die Formulierungshoheit in einem Vergleich auf den Arbeitnehmer übertragen werden kann.
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Eine Erfüllung des Zeugnisanspruchs wurde u.a. in folgenden Fällen verneint: |
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Zeugnis in Tabellenform |
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ausgefülltes Adressfeld |
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mehrere grammatikalische Fehler |
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von den sonstigen Unterschriften deutlich abweichendes Schriftbild |