I. Kündigungsschutzklage

1. Allgemeines

a) Notwendigkeit der Klageerhebung vor dem Arbeitsgericht

 

Rz. 1

Eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses kann aus verschiedenen Gründen rechtsunwirksam sein. Aber selbst wenn ein Unwirksamkeitsgrund vorliegt, führt dies nicht ohne Weiteres zur Unwirksamkeit der Kündigung. Vielmehr ist ihre Wirkung zunächst offen. Die Kündigung ist "schwebend unwirksam".[1] Es ist Sache des Arbeitnehmers, den Bestandsschutz geltend zu machen, d.h. er muss sich in den Betrieb zurückklagen. Bleibt er untätig oder rügt die Rechtsunwirksamkeit nicht rechtzeitig, kann die Kündigung endgültig wirksam werden, § 7 KSchG.

 

Rz. 2

Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung unwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, § 4 KSchG. Bei dieser Frist handelt es sich um eine prozessuale Klageerhebungsfrist, deren Einhaltung Prozessvoraussetzung ist.[2] Die Versäumung dieser Frist hat nach § 7 KSchG die materiell-rechtliche Wirkung, dass die Wirksamkeit der Kündigung nicht weiter überprüft werden kann und mögliche Mängel geheilt werden.[3] Die verspätet erhobene Kündigungsschutzklage wird als unbegründet abgewiesen.[4]

Zwar ist die Rechtsprechung bei der Auslegung von Kündigungsschutzanträgen großzügig. Erforderlich ist aber zumindest ein auslegungsfähiger Antrag gemäß § 253 Abs. 2 ZPO.[5] Aus der Klageschrift muss der Wille zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage hinreichend deutlich hervorgehen. Das ist der Fall, wenn aus der Klage ersichtlich ist, gegen wen sie sich richtet, wo der Kläger tätig war und vor allem, dass er die Kündigung nicht als berechtigt anerkennen will.[6] Dagegen gehört die Darlegung der klagebegründenden Tatsachen, wie die Erfüllung der kündigungsrechtlichen Voraussetzungen nach § 1 Abs. 1 KSchG und § 23 Abs. 1 KSchG, nicht zur Zulässigkeit der Kündigungsschutzklage, sondern zur Schlüssigkeit des Sachvortrags. Sie können noch bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz vorgetragen werden.

 

Rz. 3

Für Klagen über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Arbeitsverhältnisses ist nach § 2 Abs. 1 Nr. 3b ArbGG der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen eröffnet. Die arbeitsgerichtliche Zuständigkeit ist bereits dann gegeben, wenn sich der Kläger gegen eine ordentliche Kündigung des Rechtsverhältnisses wendet, das er selbst für ein Arbeitsverhältnis hält und er sich ausschließlich auf Unwirksamkeitsgründe beruft, die seine Arbeitnehmerstellung voraussetzen.[7] Das gilt auch dann, wenn die Gegenseite das Rechtsverhältnis für ein Dienstverhältnis hält.

b) Geltendmachung von Unwirksamkeitsgründen

 

Rz. 4

Seit der Änderung des Kündigungsschutzgesetzes durch das "Gesetz zu Reformen am Arbeitsmarkt" vom 24.12.2003[8] müssen sämtliche Kündigungserklärungen, mit Ausnahme der mündlichen Kündigung, innerhalb der Frist des § 4 KSchG mit der Klage angegriffen werden. Das bedeutet zunächst, dass sowohl gegen die Beendigungskündigung als auch gegen die Änderungskündigung innerhalb von drei Wochen geklagt werden muss, vgl. § 4 S. 2 KSchG. Für die Klagefrist ist nicht entscheidend, ob die Kündigung als ordentliche oder als außerordentliche erklärt worden ist. Die Drei-Wochen-Frist muss unabhängig davon eingehalten werden, ob die Voraussetzungen für die Anwendung des allgemeinen Kündigungsschutzes nach dem KSchG (Wartezeit, Betriebsgröße) erfüllt sind oder nicht.[9] Der Arbeitnehmer kann sich in den Fällen zwar nicht auf die mangelnde soziale Rechtfertigung der Kündigung berufen; um sonstige Unwirksamkeitsgründe (z.B. § 102 Abs. 1 S. 3 BetrVG, Verstoß gegen § 242 BGB usw.) geltend machen zu können, muss er aber die Drei-Wochen-Frist wahren.

Auch nach Ablauf der Frist des § 4 KSchG kann sich der gekündigte Arbeitnehmer auf die Unwirksamkeit der Kündigung berufen, wenn die verlängerte Anrufungsfrist des § 6 KSchG eingreift. Nach § 6 S. 1 KSchG kann sich der Arbeitnehmer bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz zur Begründung der Unwirksamkeit der Kündigung auch auf solche Gründe berufen, die er innerhalb der Frist des § 4 KSchG nicht geltend gemacht hat, sofern er jedenfalls innerhalb dieser Frist Kündigungsschutzklage erhoben hat. Wahrt er aber diese Präklusionsfrist nicht, ist er in den weiteren Rechtszügen mit dieser Rüge ausgeschlossen. Der bloße Hinweis des Arbeitsgerichts auf den Regelungsgehalt des § 6 S. 1 KSchG reicht zur Wahrung der Hinweispflicht aus § 6 S. 2 KSchG aus; weitergehende Hinweispflichten können sich aber aus § 139 ZPO sowie dem Grundsatz "iura novit curia" ergeben.[10]

 

Rz. 5

Innerhalb der Klagefrist muss jeder Unwirksamkeitsgrund geltend gemacht werden, nicht nur die fehl...

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