Chr. Hendrik Scholz, Dr. Tina Witten
Rz. 567
Die vorläufige Vollstreckbarkeit ist im Urteil nach § 62 Abs. 1 S. 2 ArbGG auszuschließen, wenn der Vollstreckungsschuldner einen entsprechenden Antrag stellt. Er muss zudem darlegen, dass die Vollstreckung ihm einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde und dies nach § 294 ZPO glaubhaft machen.
Der Antrag der beklagten bzw. widerbeklagten Partei kann in jeder Lage des Verfahrens bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung in der ersten Instanz oder in der Berufungsinstanz gestellt werden. Eine Antragstellung nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung ist selbst dann nicht mehr möglich, wenn sich erst im Nachhinein herausstellt, dass ein nicht zu ersetzender Nachteil durch die Zwangsvollstreckung eintreten würde.
Die Entscheidung über den Ausschluss der vorläufigen Vollstreckbarkeit ist in den Urteilstenor mit aufzunehmen und in den Entscheidungsgründen zu begründen. Wird die vorläufige Vollstreckbarkeit im Urteil ausgeschlossen, wird der Titel erst mit seiner formellen Rechtskraft vollstreckbar, § 704 Alt. 1 ZPO. Sofern die Klage abgewiesen wird, wird über den Antrag konsequenterweise nicht entschieden.
Praxistipp
Der Antrag auf Ausschluss der vorläufigen Vollstreckbarkeit lebt in der Berufungsinstanz nicht ohne Weiteres wieder auf. Er sollte deshalb zweckmäßigerweise in der Berufungsinstanz neben dem Antrag auf Zurückweisung der Berufung (als Hilfsantrag in der Berufungserwiderung) neu gestellt werden.
Die tatsächlichen Voraussetzungen für den Antrag müssen mit den in der ZPO vorgesehenen präsenten Beweismitteln sowie der Versicherung an Eides statt glaubhaft gemacht werden. Daneben können auch schriftliche Aussagen von Zeugen dienlich sein. Eine (zusätzliche) Glaubhaftmachung ist nicht notwendig, wenn sich die Voraussetzungen bereits aus dem Akteninhalt ergeben.
Wird der Antrag auf Ausschluss der vorläufigen Vollstreckbarkeit durch das Gericht (versehentlich) nicht beschieden oder gar übergangen, ist das Urteil unter den Voraussetzungen der §§ 319, 321 ZPO ggf. zu berichtigen bzw. zu ergänzen. Der Ausschluss der Vollstreckbarkeit erfolgt nach § 62 Abs. 1 S. 4 ArbGG ohne Sicherheitsleistung und kann auf bestimmte Vollstreckungsmaßnahmen beschränkt werden. Die Entscheidung nach § 62 Abs. 1 S. 2 ArbGG ist nicht isoliert anfechtbar.
Wurde ein Antrag nach § 62 Abs. 1 S. 2 ArbGG nicht rechtzeitig gestellt oder wurde dieser negativ beschieden, kann die Zwangsvollstreckung auch nach der Verkündung des Urteils eingestellt werden. Die nachträgliche Einstellung der Zwangsvollstreckung ist möglich, wenn gegen eine rechtskräftige Entscheidung die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt worden ist oder die Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 707 Abs. 1 ZPO erfolgt oder bei Einspruch oder Berufung gegen ein vorläufig vollstreckbares Urteil nach § 719 Abs. 1 ZPO.