Isabel Hexel, Martina Hidalgo
Rz. 269
Mit "Vorschriften über das Wahlrecht" ist die Regelung der Wahlberechtigung (aktives Wahlrecht) in § 7 BetrVG gemeint. Ein Verstoß liegt daher sowohl bei der Zulassung von Nichtwahlberechtigten als auch bei der Nichtzulassung von Wahlberechtigten vor. In der Praxis können z.B. Fehler bei der Frage der Wahlberechtigung von Leiharbeitnehmern auftreten. Denn überlassenen Arbeitnehmern, die länger als drei Monate im Entleiherbetrieb eingesetzt werden, steht das aktive Wahlrecht zum Betriebsrat nach der Gesetzesbegründung bereits ab dem ersten Arbeitstag im Einsatzbetrieb zu; ihr Wahlrecht im Stammbetrieb bleibt davon unberührt. Zudem ist Vorsicht bei der Zuordnung von Arbeitnehmern bzw. Führungskräften, die nicht als leitende Angestellte i.S.d. § 5 Abs. 3 BetrVG zu qualifizieren sind, zum Betrieb in einer Matrixstruktur geboten oder bei z.B. Außendienstmitarbeitern, die für mehrere Betriebe tätig sind. Für die Frage deren Wahlberechtigung kommt es grundsätzlich auf die tatsächliche Eingliederung im Betrieb und somit darauf an, von wem bzw. von wo aus die wesentlichen Arbeitgeberfunktionen ausgeübt werden. Ein Außendienstmitarbeiter z.B. ist daher dem Betrieb zuzuordnen, von dem die Entscheidungen über seinen Einsatz ausgehen und in dem das arbeitgeberseitige Direktionsrecht ihm gegenüber ausgeübt wird. Wie steht es aber nun mit einem Vorgesetzten, an den nicht nur Betriebsangehörige, sondern auch Arbeitnehmer eines anderen Betriebs desselben Unternehmens berichten? Das BAG hat jüngst mit Urteil vom 12.6.2019 folgendes entschieden: Wird ein Arbeitnehmer, der seinen Dienstsitz in einem bestimmten Betrieb des Unternehmens hat und dort regelmäßig tätig ist, zum Vorgesetzten von unternehmensangehörigen Arbeitnehmern ernannt, die in einem anderen Betrieb arbeiten, und verwirklicht er durch die Wahrnehmung dieser Führungsaufgaben (auch) den arbeitstechnischen Zweck dieses anderen Betriebs, ist von dessen Eingliederung im anderen Betrieb auszugehen. Mithin können Arbeitnehmer in mehreren Betrieben des Unternehmens eingegliedert sein; aber bedeutet dies auch, dass diese dann in mehreren Betrieben wahlberechtigt sind i.S.d. § 7 BetrVG (bzw. wählbar)? Das BAG hat diese Frage in besagtem Urteil offengelassen und bisher soweit ersichtlich noch nicht entschieden. Nach Auffassung der Verfasserin dürfte es jedoch für die Frage der Wahlberechtigung dieses "Vorgesetzten" und dessen maßgebliche Betriebszuordnung darauf ankommen, von welchem Betrieb dieser wiederum seine Weisungen erhält; eine mehrfache Betriebszugehörigkeit käme mithin nur in Betracht, wenn dieser Arbeitnehmer der Entscheidungszuständigkeit verschiedener Leitungseinheiten unterliegen würde.
Meist wird der Mangel schon in der unrichtigen Aufstellung der Wählerliste liegen. Bestand bisher nur Einigkeit darüber, dass das Anfechtungsrecht durch die Nichteinlegung eines Einspruchs gegen die Richtigkeit der Wählerliste gemäß § 4 WO jedenfalls dann nicht verloren geht, wenn im Rahmen der Anfechtung "sonstige Verstöße" gerügt werden, so hat das BAG nunmehr klargestellt, dass ein versäumter Einspruch grundsätzlich nicht zu einem Verlust des Anfechtungsrechts führt.
Ferner kann sich ein Wahlfehler beim Akt der Stimmabgabe selbst ereignen oder bei der Einreichung von Wahlvorschlägen (§ 14 Abs. 3, 4 BetrVG). Wurde ein Zuordnungsverfahren gemäß § 18a BetrVG bzgl. leitender Angestellter durchgeführt, kann ein Verstoß gegen § 7 BetrVG infolge falscher Zuordnung nur dann zu einer Anfechtbarkeit der Wahl führen, wenn die Zuordnung offensichtlich fehlerhaft war (vgl. § 18a Abs. 5 S. 2, 3 BetrVG).