Isabel Hexel, Martina Hidalgo
aa) Fallgestaltungen
Rz. 383
Der Antrag des Betriebsrats an das Arbeitsgericht mit dem Ziel der Aufhebung der Einstellung oder Versetzung kommt in folgenden Fällen in Betracht:
Rz. 384
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wenn der Arbeitnehmer ohne Unterrichtung des Betriebsrats beschäftigt wird, § 101 S. 1 Alt. 1 BetrVG, |
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wenn der Arbeitnehmers nach zwar erfolgter, aber nicht ordnungsgemäßer Unterrichtung des Betriebsrats beschäftigt wird, § 101 S. 1 Alt. 1 BetrVG, |
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wenn der Arbeitnehmer ohne Zustimmung des Betriebsrats beschäftigt wird, § 101 S. 1 Alt. 1 BetrVG, |
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im Fall der vorläufigen Durchführung der personellen Maßnahme, wenn der Arbeitgeber es versäumt hat, innerhalb von drei Tagen die erforderlichen gerichtlichen Schritte einzuleiten, § 101 S. 1 Alt. 2 i.V.m. § 100 Abs. 2 S. 3 BetrVG, |
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im Fall der vorläufigen Durchführung der personellen Maßnahme, wenn das Arbeitsgericht die Zustimmung rechtskräftig abgelehnt hat, § 101 i.V.m. § 100 Abs. 3 S. 1 Alt. 1 BetrVG, |
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im Fall der vorläufigen Durchführung der personellen Maßnahme, wenn das Arbeitsgericht rechtskräftig festgestellt hat, dass die vorläufige Durchführung der Maßnahme offensichtlich aus sachlichen Gründen nicht dringend erforderlich war, und gleichzeitig die Zustimmung des Betriebsrats ersetzt (str.). |
bb) Kein Anspruch auf nachträgliche Beteiligung
Rz. 385
Wenn der Arbeitgeber die Einstellung ohne die erforderliche Mitwirkung nach § 99 BetrVG vorgenommen hat, kann der Betriebsrat nicht die nachträgliche Beteiligung an der durchgeführten Maßnahme verlangen. Er kann auch nicht eine allein auf die Vergangenheit gerichtete Feststellung verlangen, aus der sich keinerlei Rechtsfolgen für die Zukunft mehr ergeben können. Auf der anderen Seite lässt eine nachträgliche Anhörung, ohne dass die Maßnahme vorher aufgehoben wird, auch nicht den Aufhebungsanspruch entfallen.
cc) Vorläufige Durchführung nach § 100 BetrVG
Rz. 386
Im Rahmen von § 100 BetrVG kann der Betriebsrat neben dem Antrag auf Abweisung des Arbeitgeberantrags (§ 100 Abs. 2 S. 3 BetrVG) seinerseits die Feststellung beantragen, dass die (vorläufige Durchführung der) Maßnahme aus sachlichen Gründen offensichtlich nicht dringend erforderlich war (§ 100 Abs. 3 S. 1 BetrVG). Die bloße Abweisung des Feststellungsantrags des Arbeitgebers steht einer solchen ausdrücklichen Feststellung des Gerichts nicht gleich. Denn nur bei ausdrücklicher Feststellung, dass die vorläufige Maßnahme offensichtlich aus sachlichen Gründen nicht dringend erforderlich war, endet binnen zwei Wochen nach Rechtskraft der Entscheidung die Berechtigung des Arbeitgebers zur vorläufigen Durchführung der personellen Maßnahme.
Rz. 387
Im Rahmen von § 100 BetrVG kann der Betriebsrat diesen Feststellungsantrag mit dem Aufhebungsantrag nach § 101 BetrVG verbinden mit der Maßgabe, dass dem Arbeitgeber bei Meidung von Zwangsgeld bis zu 250 EUR für jeden Tag der Zuwiderhandlung aufgegeben wird, die personelle Maßnahme der Einstellung/Versetzung des Arbeitnehmers bis spätestens zwei Wochen nach Rechtskraft dieses Beschlusses aufzuheben.
dd) Tendenzschutz
Rz. 388
Bei tendenzbezogenen (§ 118 BetrVG) personellen Einzelmaßnahmen hat der Betriebsrat kein Zustimmungsverweigerungs-, sondern nur ein Informationsrecht. Die Regelung des § 100 Abs. 1 BetrVG über die vorläufige Durchführung von personellen Einzelmaßnahmen hat hier nur Bedeutung für die Fälle, in denen der Arbeitgeber die Maßnahme vor Ablauf der Wochenfrist für die Stellungnahme des Betriebsrats durchführen will. Bei einer unterlassenen oder nicht ordnungsgemäßen Unterrichtung des Betriebsrats steht diesem aber auch in einem Tendenzbetrieb nach § 101 BetrVG der Anspruch auf Aufhebung der personellen Maßnahme zu. Das Gleiche gilt auch, wenn der Arbeitgeber für die personelle Maßnahme zu Unrecht Tendenzschutz in Anspruch genommen hat.
ee) Erledigung
Rz. 389
Wenn die personelle Maßnahme zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung bereits beendet ist, ist der Aufhebungsantrag des Betriebsrats erledigt. Das Gleiche gilt bei einer vorläufig durchgeführten personellen Maßnahme i.d.R. auch für den Antrag auf Feststellung, dass die Maßnahme offensichtlich aus sachlichen Gründen nicht dringend erforderlich war.