Isabel Hexel, Martina Hidalgo
Rz. 585
Dem Arbeitgeber muss die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers möglich sein. Bei der Entscheidung über den Antrag nach § 888 ZPO muss das Arbeitsgericht grundsätzlich Tatsachen berücksichtigen, die nach Erlass des zu vollstreckenden Urteiles eingetreten sind.
aa) Wegfall des Arbeitsplatzes
Rz. 586
Der Arbeitgeber kann im Vollstreckungsverfahren daher durchaus einwenden, dass der Arbeitsplatz zwischenzeitlich infolge einer Umorganisation weggefallen ist. Allerdings wird es als rechtsmissbräuchlich angesehen, wenn der Arbeitgeber sich eine titulierte Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung gezielt durch eine gerade dadurch motivierte Umorganisation unmöglich macht. In einem solchen Fall kann sich der Arbeitgeber nicht auf die Unmöglichkeit der Weiterbeschäftigung berufen. Soweit sich der Arbeitgeber auf eine Umorganisation beruft, die zum Wegfall des Arbeitsplatzes geführt hat, muss er dies im Einzelnen substantiiert belegen.
Rz. 587
Der Weiterbeschäftigung kann ebenfalls entgegengehalten werden, dass der Arbeitsplatz des Arbeitnehmers oder vergleichbare Arbeitsplätze mittlerweile auf ein anderes Unternehmen nach § 613a BGB übergegangen ist.
Praxistipp
Regelmäßig wird der Arbeitnehmer dem Argument des zwischenzeitlichen Wegfalls des Arbeitsplatzes infolge Umorganisation entgegenhalten, dass der Arbeitgeber sich hierdurch absichtlich der Vollstreckung des Weiterbeschäftigungsanspruchs entziehen wolle. Der Arbeitgeber hat demnach zur Überzeugung des Gerichts nachzuweisen, dass dies nicht der Fall ist. Im Laufe eines lang andauernden Kündigungsschutzverfahrens mit möglicherweise langer Freistellungsphase kann der Arbeitgeber durchaus argumentieren, dass er sich infolge der langen Abwesenheit des Arbeitnehmers zum Abbau seines Arbeitsplatzes entschieden hat.
bb) Weitere objektive Hindernisse
Rz. 588
Außerdem können weitere objektive, vom Arbeitgeber nicht beeinflussbare Hindernisse angeführt werden, die der Weiterbeschäftigung entgegenstehen. In Betracht kommen die Krankheit des Arbeitnehmers, ein Beschäftigungsverbot oder ein Hausverbot, das den Einsatz des Arbeitnehmers bei einem Dritten unmöglich macht.
Rz. 589
Gründe, über die das Gericht im Erkenntnisverfahren bereits entschieden hat (z.B. der Wegfall des Arbeitsplatzes im Falle einer betriebsbedingten Kündigung), müssen im Vollstreckungsverfahren unberücksichtigt bleiben.
cc) Folgekündigung, Auflösungsantrag
Rz. 590
Dem Weiterbeschäftigung kann auch entgegenstehen, wenn eine nach der Entscheidung des Arbeitsgerichts ausgesprochene Folgekündigung oder ein in der Berufungsinstanz neu gestellter Auflösungsantrag zu einer neuen, zusätzlichen Ungewissheit über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses führt.