Isabel Hexel, Martina Hidalgo
aa) Klageart
Rz. 8
Richtige Klageart, mit der der gekündigte Arbeitnehmer die Unwirksamkeit der Kündigung und damit den Bestand seines Arbeitsverhältnisses geltend machen kann, ist die Feststellungsklage mit dem Antrag nach § 4 S. 1 KSchG. Eine Leistungsklage, etwa gerichtet auf Weiterbeschäftigung oder Zahlung, kann den Eintritt der Fiktionswirkung des § 7 KSchG nicht verhindern, selbst wenn sie innerhalb der Drei-Wochen-Frist des § 4 S. 1 KSchG beim Arbeitsgericht eingeht.
bb) Wahrung der Klageerhebungsfrist
Rz. 9
Für die Kündigungsschutzklage gilt eine Klagefrist von drei Wochen, § 4 S. 1 KSchG. Die Frist ist auch bei der außerordentlichen Kündigung (§ 13 Abs. 1 S. 2 KSchG), der Änderungskündigung (§ 4 S. 2 KSchG) und der Kündigung von Berufsausbildungsverhältnissen zu beachten.
Hat der Arbeitgeber eine außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung ausgesprochen, liegt also nur eine Kündigungserklärung vor, reicht es zunächst aus, wenn der Arbeitnehmer sich fristgerecht gegen die außerordentliche Kündigung zur Wehr setzt. Auch wenn der Arbeitgeber isoliert eine außerordentliche Kündigung ausgesprochen hat, erfasst der dagegen gerichtete Antrag nach § 4 S. 1 KSchG regelmäßig auch das Begehren festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis nicht aufgrund einer gegebenenfalls nach § 140 BGB kraft Gesetzes eintretenden Umdeutung der außerordentlichen Kündigung in eine ordentliche Kündigung ende. Der Arbeitnehmer kann bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz erklären, dass er auch die ordentliche Kündigung angreift. Es empfiehlt sich aber, die in Rdn 21 vorgeschlagenen Anträge zu stellen, also einen Hauptantrag (gegen die unbedingt erklärte außerordentliche Kündigung) und einen unechten Hilfsantrag (bezogen auf die vorsorgliche oder möglicherweise durch Umdeutung gewonnene ordentliche Kündigung).
Spricht der Arbeitgeber mehrere Kündigungen aus, muss der Arbeitnehmer grundsätzlich jede einzelne fristgerecht angreifen, wenn er sich nach § 4 KSchG wehren will. Erreichen den Arbeitnehmer mehrere Kündigungsschreiben, ist regelmäßig davon auszugehen, dass mehrere Kündigungserklärungen gewollt sind. Davon zu unterscheiden ist die mehrfach verlautbarte Kündigung (z.B. persönlich übergeben und postalisch zugestellt oder per Einschreiben und mit normaler Post, bei der mehrere Kündigungsschreiben denselben Kündigungsvorgang betreffen. Um etwaige Risiken zu minimieren, empfiehlt es sich, von mehreren Kündigungen auszugehen und das im Antrag deutlich zu machen.
Formulierungsbeispiel
"Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigungen vom (…) nicht aufgelöst wird".
Wenn die Kündigung an verschiedenen Tagen zu dem gleichen Termin (z.B. 31.03.) ausgesprochen worden sind, sollte der Antrag lauten:
Formulierungsbeispiel
"Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die Kündigung vom … noch durch die Kündigung vom … aufgelöst worden ist".
Erklärt der Arbeitgeber mehrere Kündigungen zu unterschiedlichen Beendigungszeitpunkten (z.B. 30.4 und 31.5), ist es schon aus Kostengründen ratsam, die Kündigungen, die zu einem späteren Beendigungszeitpunkt wirken sollen, mit einem unechten Hilfsantrag anzugreifen.
Formulierungsbeispiel
"Im Falle des Obsiegens mit dem Antrag zu (…) wird beantragt, festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom (…) nicht aufgelöst wird".
Hat der Arbeitgeber zunächst eine ordentliche Kündigung unter Einhaltung der (längeren) Kündigungsfrist ausgesprochen, z.B. am 1.8. zum 30.9., und kündigt später fristlos, z.B. am 15.9., so ist ein weiterer Kündigungsschutzantrag als Hauptantrag zu stellen und der bisherige Kündigungsschutzantrag gegen die "überholte" ordentliche Kündigung in einen Hilfsantrag zu ändern.
Rz. 10
Die Frist beginnt mit dem Zugang der Kündigung (siehe Rdn 11). Dieser Tag wird bei der Fristberechnung nicht mitgerechnet, § 187 Abs. 1 BGB. Die Frist endet mit Ablauf desjenigen Tages der dritten Woche, welcher durch seine Benennung dem Tag entspricht, an dem die Kündigung zugegangen ist, § 188 Abs. 2 BGB. Die Klagefrist endet somit regelmäßig mit demselben Wochentag, an dem die Kündigung zugegangen ist (Bsp.: Zugang am Mittwoch, Fristablauf am Mittwoch drei Wochen später). An diesem Tag muss die Klage bis 24 Uhr beim Arbeitsgericht eingegangen sein. Fällt das Ende des Fristablaufs auf einen Sonntag, einen am Sitz des örtlich zuständigen Arbeitsgerichts staatlich anerkannten allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, tritt an seine Stelle gem. § 222 Abs. 2 ZPO der nächste Werktag.
Rz. 11
Für den Fristbeginn für die Klagerhebung ist der Zugang der Kündigung maßgebend. Der Arbeitnehmer muss die ihm zugegangene Kündigung bezeichnen. Sinnvollerweise fügt er der Klage eine Kopie des Kündigungsschreibens bei. Es muss sich um eine dem Arbeitgeber zurechenbare Kündigung handeln. Der Zugangszeitpunkt hängt von der Art der Zustellung ab.
Die schriftliche Kündigung unter Anwesenden gilt mit ihrer Übergabe als z...