Isabel Hexel, Martina Hidalgo
Rz. 37
Es kann sich anbieten, weitere Streitgegenstände mit der Kündigungsschutzklage zu verbinden. Das will im Einzelfall wohl überlegt sein und sollte keinesfalls schematisch gehandhabt werden.
aa) Weiterbeschäftigung
Rz. 38
Mit dem Antrag zu 3) kann Weiterbeschäftigung während des Kündigungsschutzprozesses geltend gemacht werden. Eine Rückkehr in den Betrieb hängt nach einer Kündigung in der Praxis u.a. davon ab, wie lange die tatsächliche Trennung vom Arbeitsplatz dauert. Soll einer Entfremdung vom Betrieb vorgebeugt werden, bietet sich ein Weiterbeschäftigungsantrag an. Sinnvoll ist ein solches Vorgehen aber nur, wenn der Arbeitnehmer tatsächlich in der Lage und auch Willens ist, während des laufenden Verfahrens in den Betrieb zurückzukehren und dort zu arbeiten. Im Muster unter Rdn 36 ist der Weiterbeschäftigungsantrag – aus Kostengründen – als sog. uneigentlicher Hilfsantrag für den Fall gestellt werden, dass der Kündigungsschutzklage stattgegeben wird. Der Antrag könnte aber auch im Wege der objektiven Klagehäufung (§ 260 ZPO) angekündigt werden. Der Antrag würde dann lauten:
Formulierungsbeispiel
Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens als (…) weiterzubeschäftigen.
Unabhängig davon, welche dieser beiden Möglichkeiten gewählt und auf welche Grundlage der Anspruch gestützt wird, ist darauf zu achten, dass das stattgebende Urteil einen vollstreckungsfähigen Inhalt hat. Dazu müssen die Einzelheiten der Beschäftigung, ggf. im Wege der Auslegung anhand des Tatbestandes und der Gründe, für jeden Dritten aus dem Tenor ersichtlich sein. Grundsätzlich reicht es aus, wenn das Berufsbild, mit dem der Arbeitnehmer beschäftigt werden soll, bezeichnet wird. Im Weiterbeschäftigungsantrag ist ferner zum Ausdruck zu bringen, dass die Beschäftigung nur für den Zeitraum bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens begehrt wird. Denn nach rechtskräftigem Obsiegen im Kündigungsschutzprozess kann der Arbeitnehmer nur den allgemeinen Beschäftigungsanspruch geltend machen.
Rz. 39
Zu unterscheiden ist der Weiterbeschäftigungsanspruch nach § 102 Abs. 5 S. 1 BetrVG und der sog. allgemeine Weiterbeschäftigungsanspruch.
(1) Weiterbeschäftigung nach § 102 Abs. 5 S. 1 BetrVG
Rz. 40
Hat der Betriebsrat einer ordentlichen Kündigung frist- und ordnungsgemäß widersprochen und hat der Arbeitnehmer nach dem KSchG Klage auf Feststellung erhoben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, muss der Arbeitgeber auf Verlangen des Arbeitnehmers diesen nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum Abschluss des Rechtsstreits zu unveränderten Bedingungen weiterbeschäftigen, § 102 Abs. 5 S. 1 BetrVG. Diese Vorschrift gibt dem Arbeitnehmer im Kündigungsschutzprozess, unabhängig von dessen Ausgang, unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch auf tatsächliche Weiterbeschäftigung. Das bisher zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis wird kraft Gesetzes fortgesetzt. Es ist auflösend bedingt durch die rechtskräftige Abweisung der Kündigungsschutzklage. Der betriebsverfassungsrechtliche Weiterbeschäftigungsanspruch ist als Hauptantrag zu verfolgen, weil er kein stattgebendes Urteil über den Kündigungsschutzantrag voraussetzt.
Rz. 41
Der Weiterbeschäftigungsanspruch nach § 102 Abs. 5 BetrVG setzt zunächst eine ordentliche Kündigung voraus. Bei einer außerordentlichen Kündigung kommt er nur in Betracht, wenn es sich um eine solche mit sozialer Auslauffrist handelt, bei einer Änderungskündigung nur, wenn der Arbeitnehmer die geänderten Arbeitsbedingungen vorbehaltlos ablehnt.
Rz. 42
Nur ein frist- und ordnungsgemäßer Betriebsratswiderspruch vermag den Weiterbeschäftigungsanspruch zu begründen. Das bedeutet, dass der Widerspruch dem Arbeitgeber innerhalb einer Woche zugehen (§ 102 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 S. 1 BetrVG) und auf einem wirksamen Betriebsratsbeschluss beruhen muss. Der Widerspruch hat schriftlich zu erfolgen und verlangt eine eingehende Begründung. Er muss sich auf einen oder mehrere der in § 102 Abs. 3 BetrVG aufgezählten Gründe beziehen und den oder die Gründe fallbezogen durch Tatsachen konkretisieren. Der vorgetragene Sachverhalt muss es als möglich erscheinen lassen, dass einer der im Gesetz aufgezählten Widerspruchsgründe vorliegt. Die formelhafte Wiederholung des Gesetzestextes reicht für einen ordnungsgemäßen Widerspruch nicht aus.
Rz. 43
Der gekündigte Arbeitnehmer muss zudem in den persönlichen und betrieblichen Geltungsbereich des KSchG fallen und Kündigungsschutzklage erhoben haben. Nach der seit dem 1.1.2004 geltenden Rechtslage komm...