Isabel Hexel, Martina Hidalgo
aa) Gegenstand und Statthaftigkeit der Revision
Rz. 186
Die Revision ist statthaft, wenn entweder das LAG sie in seinem Urteil (im Tenor)
oder das BAG sie auf eine Nichtzulassungsbeschwerde hin zugelassen hat. Dabei kann sich das LAG auf die Zulassung der Revision bezüglich bestimmter Streitgegenstände beschränken, nicht aber bezogen auf einzelne Rechtsfragen oder Anspruchselemente. Hat das LAG über die Zulassung/Nichtzulassung des Rechtsmittels nicht entschieden, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils entsprechend Ergänzung des Urteils beantragt werden, § 72 Abs. 1 S. 2 i.V.m. § 64 Abs. 3a ArbGG.
Gegen Entscheidungen der Arbeitsgerichte ist die Sprungrevision statthaft, wenn sie das Arbeitsgericht im Urteil oder nachträglich durch Beschluss zugelassen hat. Das BAG ist an die Zulassung der Revision durch das LAG gebunden (§ 72 Abs. 3 ArbGG).
Rz. 187
Mit dem Rechtsmittel der Revision können Endurteile der LAG angegriffen werden, also solche Urteile, die den Rechtsstreit für die zweite Instanz ganz oder teilweise erledigen. Das sind zum einen Schlussurteile (§ 300 ZPO), Teilurteile (§ 301 ZPO), Vorbehaltsurteile (§ 302 ZPO), Ergänzungsurteile (§ 321 ZPO), unechte Versäumnisurteile und Zwischenurteile nach § 280 Abs. 2 ZPO. Revisibel ist ferner ein zweites Versäumnisurteil, gegen das der Einspruch nicht gegeben ist. Bei einem Zwischenurteil das (nur) über den Anspruchsgrund entscheidet, muss der Rechtsmittelführer zunächst das Betragsurteil abwarten. Nach § 72 Abs. 4 ArbGG ist die Revision im einstweiligen Verfügungsverfahren und Arrestverfahren nicht statthaft. Nicht revisibel sind auch Urteile, die mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar sind.
Soweit das LAG die Berufung durch Urteil (als unzulässig) verwirft, ist das Urteil nach Maßgabe des § 72 ArbGG revisibel. Wird die Berufung dagegen durch Beschluss als unzulässig verworfen (§ 66 Abs. 2 S. 2 i.V.m. § 522 Abs. 1 ZPO), ist die Revisionsbeschwerde (§ 77 ArbGG) eröffnet, wenn das LAG sie in seinem Beschluss zugelassen hat. Für seine in den Tenor aufzunehmende (ggf. gemäß § 72 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 64 Abs. 3a ArbGG nachzuholende) Zulassungsentscheidung hat das LAG § 72 Abs. 2 ArbGG zugrunde zu legen. Lässt das LAG die Revisionsbeschwerde nicht zu, ist der Rechtsbehelf nicht gegeben.
Für den Fall, dass das LAG sein Urteil nicht fristgerecht abgesetzt hat, sieht § 72b ArbGG als besonderes Verfahren die sofortige Beschwerde wegen verspäteter Absetzung des Berufungsurteils vor. Auf den Mangel der fristgerechten Absetzung des Berufungsurteils kann daher weder die Revision noch die Nichtzulassungsbeschwerde gestützt werden. Die sofortige Beschwerde muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat (nach Ablauf von fünf Monaten nach Verkündung des Berufungsurteils) beim BAG eingelegt und begründet werden. Der Antrag lautet: "Das Urteil des LAG … vom … Az. … wird aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LAG verwiesen". Zur Begründung reicht es, den Verkündungstermin mitzuteilen und – durch Vorlage der Sitzungsniederschrift – glaubhaft zu machen.
Wenn das LAG statt eines Urteils fehlerhaft einen Beschluss erlassen hat (oder umgekehrt), gilt der Grundsatz der Meistbegünstigung. In einem solchen Fall ist sowohl das an sich richtige als auch das für die fehlerhafte Entscheidungsform gesetzlich vorgesehene Rechtsmittel zulässig. Lässt das LAG gesetzwidrig die nicht vorgesehene Revision zu, ist das BAG nicht daran gebunden.
bb) Beschwer
Rz. 188
Die Revision setzt eine Beschwer des Revisionsklägers voraus. Eine formelle Beschwer ist gegeben, wenn das angefochtene Urteilsergebnis hinter dem zweitinstanzlichen Rechtsschutzbegehren zurückgeblieben ist. Der Beklagte ist auch im Falle der Abweisung der Klage als unzulässig anstatt unbegründet beschwert. Die Beschwer einer zur Zahlung verurteilten Partei entfällt, wenn sie den Urteilsbetrag nicht nur zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus einem vorläufig vollstreckbaren Urteil bezahlt, sondern einen Klaganspruch aus freien Stücken ohne Vorbehalt endgültig erfüllen will. Legt der Nebenintervenient Revision ein, kommt es auf die Beschwer der Hauptpartei an.