Isabel Hexel, Martina Hidalgo
aa) Revisionsbegründungsfrist
Rz. 194
Die Revision muss innerhalb von zwei Monaten ab Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung schriftlich begründet werden (§ 74 Abs. 1 S. 2 ArbGG). Diese Frist kann einmal um bis zu einen weiteren Monat verlängert werden. Eine mehrmalige Verlängerung ist selbst dann nicht möglich, wenn die Verlängerungen insgesamt einen Monat nicht übersteigen würden. Die Frist berechnet sich nach § 222 ZPO i.V.m. §§ 187 ff. BGB. Sie ist nur gewahrt, wenn die unterzeichnete Revisionsbegründungsschrift beim BAG fristgerecht eingegangen ist (siehe Rdn 172). Sofern in der fristgerechten Revisionsbegründung zumindest eine ordnungsgemäße Sach- oder Verfahrensrüge erhoben wurde, können aber auch nach Fristablauf materiell-rechtliche Rügen nachgeschoben werden. Bei Versäumnis der Revisionsbegründungsfrist kommt unter den Voraussetzungen des § 233 ZPO die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Betracht. Dazu muss der Revisionskläger glaubhaft machen, dass er ohne eigenes Verschulden an der fristgemäßen Einreichung der Revisionsbegründungsschrift verhindert war.
bb) Revisionsanträge
Rz. 195
Durch seine Revisionsanträge in der Revisionsbegründung macht der Revisionskläger deutlich, in welchem Umfang er das Urteil anfechten will. Neben dem Antrag, das angefochtene Urteil (teilweise) aufzuheben, ist zu formulieren, wie das BAG mit den in der Berufungsinstanz gestellten Berufungsanträgen des Revisionsklägers verfahren und ob ggf. das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert werden soll. Das BAG ist an die Anträge der Parteien gebunden (zu Formulierungsbeispielen siehe Rdn 211–218).
Rz. 196
Grds. ist eine Klageänderung in der Revisionsinstanz ausgeschlossen. Der Übergang von der Leistungsklage zur Feststellungsklage – und umgekehrt – kann aber zulässig sein. Auch können Haupt- und Hilfsantrag ausgetauscht werden. Voraussetzung für eine Änderung des Sachantrags in der Revisionsinstanz ist, dass es sich um Fälle des § 264 Nr. 2 ZPO handelt und der neue Sachantrag nach den vom LAG getroffenen Feststellungen oder auf der Grundlage des beim BAG unstreitig gestellten Sachverhalts beurteilt werden kann.
cc) Inhaltliche Anforderungen
Rz. 197
Die Revisionsgründe müssen in der Revisionsbegründung enthalten sein. Ein Verweis auf andere Schriftstücke, etwa außergerichtliche Korrespondenz oder Gutachten, reicht regelmäßig nicht aus. Wurde die Revision auf die Nichtzulassungsbeschwerde zugelassen, genügt die Bezugnahme hierauf (§ 551 Abs. 3 S. 2 ZPO). Hat zunächst beim BAG ein Prozesskostenhilfeverfahren stattgefunden, kann auf die dort eingereichten Schriftsätze verwiesen werden.
Rz. 198
Mit der Revision kann nur geltend gemacht werden, dass das Urteil des LAG auf der Verletzung einer Rechtsnorm beruht (§ 73 ArbGG). Das BAG ist keine dritte Tatsacheninstanz. Es ist bei seiner Prüfung an die tatsächlichen Feststellungen des LAG gebunden. Hält der Revisionsführer die Feststellungen für unvollständig oder unrichtig, muss er Tatbestandsberichtigung beantragen. Dieser Antrag kann nur innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils gestellt werden, § 320 ZPO. Nach Ablauf von drei Monaten ab Verkündung des Urteils ist die Berichtigung ausgeschlossen.
Rz. 199
Die Revisionsbegründung muss deutlich machen, aus welchem Grund das Urteil falsch ist und welche Rechtsverletzung vorliegt. Erforderlich ist, dass sich der Revisionsführer mit den Gründen des angefochtenen Urteils auseinandersetzt. Anderenfalls ist die Revision – wie bei fehlender Begründung – unzulässig. Die bloße Nennung der verletzten Rechtsnorm reicht als Revisionsbegründung nicht aus und ist im Übrigen nicht mehr erforderlich. Dennoch sollte sie in der Revisionsbegründung bezeichnet und – an ihr orientiert – die Rechtsverletzung durch das angegriffene Urteil dargestellt werden. Deutlich gemacht werden muss zudem, dass das Urteil des LAG gerade auf der Verletzung der Rechtsnorm beruht, also bei korrekter Normanwendung anders ausgefallen wäre.
Rz. 200
Hat das LAG in seinem Urteil über mehrere Streitgegenstände entschieden, muss sich der Revisionsführer mit allen angefochtenen Teilen auseinandersetzen und zu jedem Streitgegenstand ausführen. Das ist nur dann entbehrlich, wenn die Entscheidung über den einen Streitgegenstand notwendig von dem anderen korrekt angegriffenen abhängt, so dass mit der Begründung der Revision über den einen Streitgegenstand gleichzeitig auch dargelegt ist, inwiefern die Entscheidung über den anderen unrichtig ist. Wenn eine Revisionsbegründung zu einem Streitgegenstand fehlt, ist die Revision insoweit unzulässig.
Hat das LAG seine Entscheidung auf zwei oder mehr Gründe gestützt, die voneinander unabhängig sind, aber dieselbe Entscheidung betreffen, so muss die Revisionsbegründung alle tragen...