Isabel Hexel, Martina Hidalgo
aa) Gegenstand und Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde
Rz. 546
Die Rechtsbeschwerde im Beschlussverfahren entspricht der Revision im Urteilsverfahren. Sie ermöglicht im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren die Überprüfung von Entscheidungen in der dritten Instanz. Die Überprüfung erfolgt nur in rechtlicher Hinsicht. Die Rechtsbeschwerde hat aufschiebende Wirkung, § 92 Abs. 3 S. 1 ArbGG (Suspensiveffekt). Allerdings bleiben die Beschlüsse des LAG in vermögensrechtlichen Angelegenheiten vorläufig vollstreckbar. Ggf. kann das BAG gem. § 85 Abs. 1 S. 3 i.V.m. § 719 Abs. 2 ZPO die Zwangsvollstreckung einstweilen einstellen.
Rz. 547
Die Rechtsbeschwerde ist statthaft, wenn sie im Beschluss des LAG oder auf Nichtzulassungsbeschwerde nach §§ 92, 92a ArbGG vom BAG zugelassen wurde. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde durch das LAG ist für das BAG bindend.
Beschlüsse des LAG, die nicht innerhalb von fünf Monaten nach ihrer Verkündung vollständig abgefasst und mit den Unterschriften sämtlicher Mitglieder der Kammer der Geschäftsstelle des LAG übergeben worden sind, können durch sofortige Beschwerde beim BAG angefochten werden (§ 92b ArbGG); die Rechtsbeschwerde ist in einem solchen Fall nicht statthaft, ebenso wenig die Nichtzulassungsbeschwerde (§ 92b S. 3 ArbGG). Bei Begründetheit der sofortigen Beschwerde ist der Beschluss des LAG aufzuheben und die Sache an das LAG zurückzuverweisen.
Rz. 548
Die Rechtsbeschwerde kann sich nur gegen einen verfahrensbeendenden Beschluss richten. Dazu zählen auch Einstellungsbeschlüsse nach den §§ 89 Abs. 4 S. 2, 87 Abs. 2 S. 3 ArbGG, auch wenn es hier regelmäßig an einem Zulassungsgrund fehlen wird. Dagegen fehlt verfahrensleitenden Beschlüssen nach § 90 Abs. 3 ArbGG die verfahrensbeendende Wirkung. In einstweiligen Verfügungsverfahren und in Verfahren über die Bestellung und Besetzung einer Einigungsstelle ist die Rechtsbeschwerde nicht statthaft. Unanfechtbar sind auch Beschlüsse, mit denen die Beschwerde ohne Beurteilung der materiellen Rechtslage als unzulässig verworfen worden sind. Lässt das LAG in diesen Fällen die Rechtsbeschwerde irrtümlich zu, führt dies nicht zur Zulässigkeit des Rechtsmittels.
bb) Einlegung der Rechtsbeschwerde
Rz. 549
Die Rechtsbeschwerde ist beim BAG einzureichen. Die Rechtsbeschwerdeschrift muss den Beschluss bezeichnen (Gericht, Verkündungsdatum, Aktenzeichen), gegen den sie sich richtet und die Erklärung enthalten, dass gegen den Beschluss Rechtsbeschwerde eingelegt wird. Die Rechtsbeschwerde muss unbedingt eingelegt werden, damit klar ist, ob der Beschluss des LAG rechtskräftig wird oder nicht.
cc) Rechtsbeschwerdebefugnis
Rz. 550
Jeder Beteiligte, der durch die Beschwerdeentscheidung beschwert ist, ist hinsichtlich der Rechtsbeschwerde beschwerdebefugt. Der Rechtsmittelführer muss mit seiner Rechtsbeschwerde gerade die Beseitigung der Beschwer verlangen.
dd) Rechtsbeschwerdefrist
Rz. 551
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats ab Zustellung des in vollständiger Form abgesetzten Beschlusses des LAG einzulegen, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach seiner Verkündung (§ 87 Abs. 2 i.V.m. § 66 Abs. 1 S. 3 ArbGG), selbst bei fehlender oder fehlerhafter Rechtsmittelbelehrung. Es handelt sich um eine Notfrist, die nicht verlängert werden kann. Hat das BAG die Rechtsbeschwerde zugelassen, wird das Beschwerdeverfahren als Rechtsbeschwerdeverfahren fortgesetzt.
ee) Rechtsbeschwerdeantrag
Rz. 552
Die Begründung muss bestimmte Anträge enthalten, die erkennen lassen, in welchem Umfang der landesarbeitsgerichtliche Beschluss angefochten wird, § 94 Abs. 2 S. 2 ArbGG. Ausreichend ist es aber, wenn aus der Rechtsbeschwerdebegründung erkennbar wird, inwieweit die bisherigen Anträge weiterverfolgt werden.
Rz. 553
Eine Antragsänderung ist in der Rechtsbeschwerdeinstanz grundsätzlich unzulässig. Der Schluss der mündlichen Anhörung vor dem LAG bildet hinsichtlich des tatsächlichen Vorbringens und der Anträge der Beteiligten die Entscheidungsgrundlage für des BAG.
Rz. 554
In Betracht kommt aber eine Klarstellung des Antrags, ggf. im Wege der Auslegung. Aus prozessökonomischen Gründen ist eine Antragsänderung ausnahmsweise dann zulässig, wenn sich der neue Sachantrag auf den in der Beschwerdeinstanz festgestellten Sachverhalt stützt, sich das rechtliche Prüfprogramm nicht wesentlich ändert und Verfahrensrechte der Beteiligten nicht verkürzt werden. Entsprechendes gilt, wenn der Antrag lediglich beschränkt oder modifiziert wird.