Chr. Hendrik Scholz, Dr. Tina Witten
Rz. 445
Beabsichtigt der Arbeitgeber, nicht nur die Zumutbarkeit der Weiterbeschäftigung durch das Arbeitsgericht überprüfen zu lassen, sondern ebenfalls geltend zu machen, dass bereits die materiell-rechtlichen Voraussetzungen des § 78a Abs. 2, 3 BetrVG nicht vorliegen, muss er einen dahingehenden allgemeinen Feststellungsantrag stellen. Dieser Antrag unterscheidet sich von den speziellen Anträgen des § 78a Abs. 4 BetrVG, da sich deren Prüfungsumfang auf das Zumutbarkeitskriterium beschränkt. Zwar gleicht der allgemeine Feststellungsantrag bei oberflächlicher Betrachtung demjenigen nach § 78a Abs. 4 S. 1 Nr. 1 BetrVG. Doch während letzterer darauf gerichtet ist, festzustellen, dass ein Arbeitsverhältnis wegen Unzumutbarkeit nicht "begründet wird", und sich daher mit dem Ende des Ausbildungsverhältnisses automatisch in einen Auflösungsantrag nach § 78a Abs. 4 S. 1 Nr. 2 BetrVG wandelt, hat der allgemeine Feststellungsantrag zum Ziel, festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis mangels der Voraussetzungen für eine Weiterbeschäftigung gar nicht erst "begründet worden ist".
Praxistipp
Um die Erfolgsaussichten im Prozess zu erhöhen, sollte regelmäßig auch das Stellen eines allgemeinen Feststellungsantrages überlegt werden, wenn materiell-rechtliche Mängel hinsichtlich des Vorliegens der Weiterbeschäftigungsvoraussetzungen (§ 78a Abs. 2, 3 BetrVG) – etwa die Unwirksamkeit der Wahl zum betreffenden betriebsverfassungsrechtlichen Organ, der Austritt aus dem geschützten Personenkreis sowie Frist- oder Formfehler des Weiterbeschäftigungsverlangens – denkbar sind.
Rz. 446
Um das fingierte unbefristete Arbeitsverhältnis des Auszubildenden sowohl hinsichtlich seiner Entstehung als auch der Zumutbarkeit gerichtlich angreifen zu können, ohne gleichzeitig unnötige Kosten zu verursachen, bietet sich an, den Feststellungsantrag zur Überprüfung der Voraussetzungen von § 78a Abs. 2, 3 BetrVG als Hauptantrag und den Auflösungsantrag gemäß § 78a Abs. 4 S. 1 Nr. 2 BetrVG als Hilfsantrag zu stellen. Entsprechend muss der Arbeitgeber primär vortragen, dass materiell-rechtliche Mängel das Entstehen eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses verhindert haben. Im Rahmen der Begründung des Hilfsantrags kann er diejenigen Tatsachen vorbringen, die die Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung des Auszubildenden erhärten. Hinsichtlich der Kostentragung gilt, dass der Arbeitgeber nicht für die Kosten der anwaltlichen Tätigkeit gemäß §§ 40 Abs. 1, 65 Abs. 1 BetrVG aufkommen muss, die einem Mitglied des betriebsverfassungsrechtlichen Gremiums in einem Verfahren nach § 78a Abs. 4 BetrVG entstanden sind.
Praxistipp
Zwecks Begrenzung des Kostenrisikos sollten die Anträge in einem Eventualverhältnis gestellt werden.