Isabel Hexel, Martina Hidalgo
Rz. 274
Die Anfechtung erfolgt durch Antrag beim Arbeitsgericht, welches im Beschlussverfahren entscheidet. Örtlich zuständig ist gemäß § 82 ArbGG ausschließlich das Arbeitsgericht am Sitz des Betriebes.
Rz. 275
Anfechtungs- und damit auch Antragsgegner ist bei einer Anfechtung der Gesamtwahl der Betriebsrat. Der Wahlvorstand ist dagegen nicht Anfechtungsgegner, da sein Amt mit Abschluss der Durchführung der Wahl erloschen ist. Bezieht sich die Anfechtung nur auf die Wahl eines einzelnen Betriebsratsmitgliedes oder mehrerer Betriebsratsmitglieder (Teilanfechtung), so sind nur diese Anfechtungsgegner. In diesem Fall ist jedoch der Betriebsrat am Verfahren zu beteiligen. Auch der Arbeitgeber ist stets am Verfahren zu beteiligen, wenn er nicht schon als Antragsteller fungiert. Dagegen ist die Gewerkschaft, soweit sie nicht Antragsteller ist, grundsätzlich nicht zu beteiligen.
Rz. 276
Erfolgt eine Wahlanfechtung wegen der Verkennung des Betriebsbegriffs in einem Gemeinschaftsbetrieb, hat das BAG mit Entscheidung vom 22.11.2017 seine bisherige Rechtsprechung aufgehoben und hält an seiner gegenteiligen Auffassung in den Entscheidungen vom 31.5.2000, 14.11.2001 und vom 7.12.1988 nicht mehr fest. Werden in einem Gemeinschaftsbetrieb mehrerer Unternehmen statt eines einheitlichen Betriebsrats für die Belegschaften jedes einzelnen Unternehmens zeitlich versetzt gesonderte Betriebsräte gewählt und soll eine von Arbeitgeberseite betriebene Wahlanfechtung auf die Verkennung des Betriebsbegriffs gestützt werden, müssen somit nicht mehr wie früher noch sämtliche in dem Gemeinschaftsbetrieb erfolgten Betriebsratswahlen angefochten werden. Denn nach neuester Rechtsprechung des BAG wird die isolierte Anfechtung der Wahl eines Betriebsrats, der möglicherweise unter Verkennung des Betriebsbegriffs zu Unrecht für einen Betriebsteil eines Gemeinschaftsbetriebs gewählt wurde, nicht dadurch ausgeschlossen, dass bereits für einen anderen Betriebsteil ein Betriebsrat gewählt wurde, dessen Wahl nicht angefochten wurde.
Der Anfechtungsantrag muss sich nicht zwingend auf die Ungültigerklärung des Wahlergebnisses insgesamt richten. Er kann auch auf die bloße Berichtigung des Wahlergebnisses beschränkt werden, z.B. wenn das Wahlverfahren zwar ordnungsgemäß durchgeführt worden ist und lediglich die Stimmauszählung fehlerhaft war. In einem solchen Fall ist regelmäßig die Feststellung des richtigen Wahlergebnisses zu beantragen.
Praxistipp
Neben dem mitunter recht langwierigen Wahlanfechtungsverfahren gemäß § 19 BetrVG besteht grundsätzlich auch die Möglichkeit, den Abbruch der Wahl durch eine einstweilige Unterlassungsverfügung zu erreichen. Der gerichtliche Abbruch einer Betriebsratswahl aufgrund von Mängeln des Wahlverfahrens kommt jedoch nach Auffassung des BAG nur in Betracht, wenn die Wahl voraussichtlich nichtig wäre. Die bloße Anfechtbarkeit der Wahl, z.B. aufgrund der Verkennung des Betriebsbegriffs, genügt dafür nicht. Bei Zweifeln über die Betriebsratsfähigkeit einer Organisationseinheit im Vorfeld einer Wahl sollte daher auch an den Feststellungsantrag nach § 18 Abs. 2 BetrVG gedacht werden. Auf diesem Weg kann z.B. der Arbeitgeber die Voraussetzungen für eine ordnungsgemäße künftige Betriebsratswahl schaffen. Denn stellt das Arbeitsgericht vor Abschluss des Wahlverfahrens rechtskräftig eine andere Betriebsstruktur fest, ist die Wahl abzubrechen und ein neues Wahlverfahren einzuleiten. Sollte der Beschluss allerdings erst während der bereits begonnen Amtszeit des Betriebsrats rechtskräftig werden, ist das Wahlergebnis – wenn die Frist zur Wahlanfechtung bereits verstrichen ist – grundsätzlich erst für die nächste Wahl maßgebend. Die Bindungswirkung eines solchen Beschlusses nach § 18 Abs. 2 BetrVG besteht zudem nur bis zu einer Änderung der tatsächlichen Voraussetzungen, von denen das Arbeitsgericht ausgegangen ist.
Darüber hinaus besteht ein Unterlassungsanspruch des Arbeitgebers, wenn das Gremium, das als Wahlvorstand auftritt, in dieser Funktion überhaupt nicht oder in nichtiger Weise bestellt wurde.
aa) Anfechtungsberechtigung
Rz. 277
Anfechtungsberechtigt sind nach § 19 Abs. 2 S. 1 BetrVG mindestens drei wahlberechtigte Arbeitnehmer, eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft oder der Arbeitgeber. Die Anfechtungsberechtig...