Chr. Hendrik Scholz, Dr. Tina Witten
Rz. 141
Für die Einlegung der Berufung gelten neben § 66 ArbGG über § 64 Abs. 6 ArbGG ergänzend die Vorschriften der ZPO. Die Berufung wird danach durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt (§ 519 Abs. 1 ZPO). Berufungsgericht ist ausschließlich das zuständige LAG. Die maßgebliche Anschrift ist der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Urteils zu entnehmen. Unterhält das LAG sog. Außenkammern, kann die Berufung sowohl beim Stammgericht als auch bei den Außenkammern eingelegt werden. Wird die Berufungsschrift bei einem anderen Gericht eingereicht, kommt es für die Fristwahrung auf den Eingang beim zuständigen LAG an. Entsprechendes gilt, wenn die Berufung beim Arbeitsgericht eingelegt wird. Das Arbeitsgericht hat die Berufung im Rahmen des üblichen Geschäftsgangs weiterzuleiten. Zu besonderen Eilmaßnahmen (z.B. telefonische Benachrichtigung des Berufungsführers) ist es nicht verpflichtet. Für die Wahrung der Berufungsfrist kommt es allein auf den Zugang beim LAG an. Das gilt selbst dann, wenn LAG und Arbeitsgericht eine gemeinsame Postannahmestelle unterhalten; maßgebend ist die angegebene Adresse. Wird die Berufung statt an das LAG an das Arbeitsgericht adressiert und verzögert sich die Weiterleitung des Schriftsatzes an das LAG, ist Wiedereinsetzung nur dann zu gewähren, wenn der Schriftsatz bei unverzögerter Weiterleitung im ordentlichen Geschäftsgang noch fristgerecht beim LAG eingegangen wäre.
Rz. 142
Die Berufung muss schriftlich oder durch elektronisches Dokument eingelegt werden. Die Anforderungen entsprechen denen der Klage.
Seit dem 1.1.2022 müssen Rechtsanwälte sämtliche vorbereitenden Schriftsätze, auch die Berufung, bei Gericht als elektronisches Dokument einreichen (§ 64 Abs. 6 S. 1, § 519 Abs. 4 ZPO, § 520 Abs. 5 ZPO, § 64 Abs. 5 und § 46g S. 1 ArbGG). Das elektronische Dokument muss nach § 130a Abs. 2 S. 1 ZPO für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet sein. Nach § 2 Abs. 1 ERVV ist es im Dateiformat PDF zu übermitteln.
Für Verbandsvertreter besteht die aktive Nutzungspflicht des ERV erst ab dem 1.1.2026. Sie müssen daher die Berufung gegenwärtig noch nicht als elektronisches Dokument einreichen und begründen. Vielmehr genügt dem Formerfordernis die Einlegung durch Telefax (Telekopie), Fernschreiben oder Telegramm. Die beim LAG eingehende Kopie muss die Unterschrift erkennen lassen. Der Berufungsklägervertreter sollte sich daher vergewissern, dass sein Telefaxschreiben vollständig beim Gericht eingegangen ist. Er hat dafür Sorge zu tragen, dass der unterschriebene Originalschriftsatz unverzüglich nachgereicht wird. Eine E-Mail entspricht weder den Anforderungen des § 130 ZPO noch denen des § 130a ZPO bzw. § 46c ArbGG.
Rz. 143
Die Berufungsschrift muss das Urteil, gegen das sie sich richtet, klar und eindeutig bezeichnen. Zweifel dürfen nicht aufkommen. Sie können nur innerhalb der Berufungsfrist behoben werden. Anzugeben sind deshalb zumindest das erkennende Arbeitsgericht, das Aktenzeichen und das Verkündungsdatum. Um Zweifel von vornherein auszuschließen, ist es ratsam, entsprechend der Soll-Vorschrift des § 519 Abs. 3 ZPO und wie im Muster zur Berufungsschrift (siehe oben Rdn 130) vorgeschlagen, dieser eine Ausfertigung oder Kopie der angefochtenen Entscheidung beizufügen. Der Urteilsinhalt kann bei der Auslegung der Berufungsschrift eine Rolle spielen.
Rz. 144
Der Berufungsschrift muss die Erklärung zu entnehmen sein, dass gegen das bezeichnete Urteil das Rechtsmittel der Berufung eingelegt wird. Die Einlegung der Berufung darf nicht an Bedingungen geknüpft werden, etwa die Bewilligung von Prozesskostenhilfe, denn das führt zur Unzulässigkeit des Rechtsmittels. Die Anträge können (siehe auch Rdn 130) der Berufungsbegründung vorbehalten werden, sie sind nicht notwendiger Bestandteil der Berufungsschrift. Wird in diesem Fall die Berufung vor Stellung der Berufungsanträge zurückgenommen, wird für die Kostenberechnung davon ausgegangen, dass vollen Umfangs Berufung eingelegt war.
Rz. 145
Die Berufungsschrift muss sowohl den Berufungskläger als auch den Berufungsbeklagten konkret bezeichnen, damit erkennbar ist, für und gegen wen Berufung eingelegt wird. Zweifel können nur innerhalb der Berufungsfrist ausgeräumt werden. Sachdienlich ist in jedem Fall die Angabe der ladungsfähigen Anschrift des Berufungsbeklagten. Ein Auswechseln der beklagten Partei in der Rechtsmittelinstanz ist nur zulässig, wenn der bisherige Beklagte zustimmt oder sich dessen verweigerte Zustimmung als rechtsmissbräuchlich erweist.
Rz. 146
Die Berufungsschrift muss von einem Rechtsanwalt oder einer nach § 11 Abs. 4 und 5 ArbGG vertretungsbefugten Person unterzeichnet sein. Eine Vollmacht muss nur und erst dann vorgelegt werden, wenn der Mangel gerügt wird, § 567 ZPO.
Eine Unterschrift setzt einen individuellen Schriftzug voraus, der sich als Wiedergabe eines Namens darstellt und die Absicht einer vollen Unterschriftsleistung erkennen lässt.