Isabel Hexel, Martina Hidalgo
1. Allgemeines
Rz. 251
Das zum 6.7.2017 in Kraft getretene Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG) dient der Durchsetzung des Gebotes der Entgeltgleichheit zwischen Männern und Frauen (§ 1 EntgTranspG) und verbietet unmittelbare und mittelbare Entgeltbenachteiligungen wegen des Geschlechts (§ 3 EntgTranspG). Gesetzgeberisches Ziel ist es, durch die Schaffung von Entgelttransparenz die statistisch bestehende Entgeltdifferenz als Folge geschlechtsspezifischer Diskriminierung (sog. gender pay gap) zu verringern.
Rz. 252
Das EntgTranspG findet Anwendung auf das Entgelt von Beschäftigten (§ 2 Abs. 1 EntgTranspG). Unter Entgelt sind dabei gem. § 5 Abs. 1 EntgTranspG alle Grund- oder Mindestarbeitsentgelte sowie alle sonstigen Vergütungen zu verstehen, die unmittelbar oder mittelbar in bar oder in Sachleistungen aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses gewährt werden. Nach der Legaldefinition des § 5 Abs. 2 EntgTranspG gelten als Beschäftigte nicht nur Arbeitnehmer, sondern auch Beamte des Bundes und der bundesunmittelbaren Körperschaften, Richter, Soldaten, Auszubildende sowie Heimarbeiter. Da der unionsrechtliche Arbeitnehmerbegriff zugrunde zu legen ist, erstreckt sich der persönliche Anwendungsbereich des EntgTranspG grds. auch auf GmbH-Geschäftsführer, wenn und soweit diese unionsrechtlich als Arbeitnehmer gelten.
Rz. 253
Als Gegenstück zum Entgeltbenachteiligungsverbot (§ 3 Abs. 1 EntgTranspG) statuiert § 7 EntgTranspG das Entgeltgleichheitsgebot: Im Rahmen von Beschäftigungsverhältnissen darf für gleiche oder gleichwertige Arbeit nicht wegen des Geschlechts ein geringeres Entgelt vereinbart oder gezahlt werden. Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot bzw. das Gleichheitsgebot verstoßen, sind unwirksam (§ 8 Abs. 1 EntgTranspG). Zwecks Durchsetzung dieser Grundsätze sieht das EntgTranspG neben dem betrieblichen Prüfverfahren (§§ 17 ff. EntgTranspG) und den arbeitgeberseitigen Berichtspflichten (§§ 21 f. EntgTranspG) insbesondere eine Verpflichtung des Arbeitgebers vor, Entgeltsysteme sowohl insgesamt als auch in den einzelnen Entgeltbestandteilen so auszugestalten, dass eine Benachteiligung wegen des Geschlechts ausgeschlossen ist (§ 4 Abs. 4 EntgTranspG).
2. Individueller Auskunftsanspruch
Rz. 254
Kernstück ist jedoch der individuelle Auskunftsanspruch der Beschäftigten aus § 10 Abs. 1 EntgTranspG nach näherer Maßgabe der §§ 11 ff. EntgTranspG. Danach können Beschäftigte Auskunft sowohl über die Kriterien und das Verfahren der Entgeltfindung als auch über das Vergleichsentgelt, jeweils im Hinblick auf die relevante Vergleichstätigkeit und –gruppe des anderen Geschlechts, verlangen. Dies betrifft gem. § 10 Abs. 1 S. 2 EntgTranspG zum einen das durchschnittliche Bruttomonatsentgelt i.S.d. § 5 Abs. 1 EntgTranspG als auch bis zu zwei einzelne Entgeltbestandteile, die der jeweilige Beschäftigte zum Gegenstand seines Auskunftsersuchens machen kann. Verfahren und Inhalt der Auskunftserteilung sind gesetzlich unterschiedlich gestaltet, je nachdem, ob ein Betriebsrat vorhanden ist oder nicht und ob es sich bei dem Auskunftspflichtigen um einen tarifgebundenen bzw. tarifanwendenden Arbeitgeber handelt oder nicht.
a) Anspruchsvoraussetzungen
Rz. 255
Auskunftsanspruchsberechtigt sind nur Beschäftigte in Betrieben mit in der Regel mehr als 200 bei demselben Arbeitgeber Beschäftigten (§ 12 Abs. 1 EntgTranspG). Entscheidend für die Berechnung dieses Schwellenwertes sind der Betriebsbegriff im betriebsverfassungsrechtlichen Sinne und die Anzahl der bei demselben Arbeitgeber Beschäftigten innerhalb des Betriebes. In gemeinsamen Betrieben mehrerer Unternehmen müssen daher sowohl der Beschäftigungsbetrieb selbst als auch der Vertragsarbeitgeber innerhalb des Betriebes über mehr als 200 Beschäftigte verfügen, da die Beschäftigten der anderen Unternehmen bei der Berechnung außer Betracht bleiben. Aufgrund dieser Betriebsbezogenheit des Auskunftsanspruchs erstreckt sich die Auskunftspflicht des Arbeitgebers auch von vornherein nur auf Entgeltregelungen, die in demselben Betrieb und bei demselben Arbeitgeber angewendet werden (§ 12 Abs. 2 Nr. 1 EntgTranspG).
Rz. 256
Voraussetzung für den Auskunftsanspruch ist ferner, dass die Vergleichsgruppe aus mindestens sechs Mitarbeitern des jeweils anderen Geschlechts besteht (§ 12 Abs. 3 S. 2 EntgTranspG). Hintergrund hierfür ist, dass bei einer kleineren Vergleichsgruppe mit dem Datenschutz unvereinbare Rückschlüsse auf einzelne Beschäftigte und deren Arbeitsentgelt möglich wären.
Rz. 257
Anspruchsgegner ist ausschließlich der Arbeitgeber. Trotz der weitreichenden Einbeziehung des Betriebsrates i...