Rz. 181

Soll ein Urteil auch Wirkungen für und gegen Personen, die erst nach Eintritt der Rechtshängigkeit deren Rechtsnachfolger geworden sind (§ 325 ZPO), Wirkung entfalten, kommt dem Prozessantrag entscheidende Bedeutung zu. Ein Forderungsübergang nach Rechtskraft greift auf ein rechtskräftiges Urteil des Geschädigten nur dann zu, wenn das Urteil überhaupt einen diesen Rechtsnachfolger betreffenden Inhalt auch beinhaltet.

a) Antrag

 

Rz. 182

Der Prozessantrag zur Feststellung der Ersatzpflicht hinsichtlich künftiger materieller Schäden kann eingeschränkt sein, z.B. durch die Formulierung: "Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger allen weiteren Schaden zu ersetzen, den dieser … erlitten hat, soweit die Schadenersatzansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte (bereits) übergegangen sind oder (noch) übergehen werden."

aa) Bereits übergegangene Ansprüche

 

Rz. 183

Der klagende Geschädigte kann nur hinsichtlich solcher Ansprüche die Feststellung begehren, die zur Zeit der letzten mündlichen Verhandlung in seiner (des Geschädigten) Forderungsberechtigung stehen (daher die Einschränkung "soweit die Schadenersatzansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind"). Hinsichtlich auf Drittleistungsträger bereits in der Vergangenheit übergegangene Ansprüche ist der Kläger nicht aktiv legitimiert. Ein ohne diese Einschränkung gestellter Antrag ist also zu weitgehend und muss auf die nicht übergegangenen Ansprüche reduziert werden; die Feststellungsklage ist insofern abzuweisen.[242]

bb) Künftig erst übergehende Ansprüche

 

Rz. 184

Soweit Ansprüche erst in Zukunft auf sonstige Dritte Ansprüche übergehen, ist der Feststellungskläger aktiv legitimiert, da er Schadensersatzansprüche geltend macht, die ihm "derzeit" ja noch zustehen und für die er über das nötige Feststellungsinteresse verfügt.[243] Diese Ansprüche werden gesichert durch den ersten Satz des Feststellungsantrages ("Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger allen weiteren Schaden zu ersetzen.").[244]

[244] Siehe auch Weißenberger, Die "nachträgliche Anspruchsbegründung" – Prozessuale Fallstricke der Abtretung an den Kläger im laufenden Prozess, NJOZ 2022, 705.

cc) "noch übergehen werden"

 

Rz. 185

Mit dem Zusatz "soweit die Schadenersatzansprüche nicht auf … Dritte … (noch) übergehen werden" bezieht sich der Antrag eingangs auf aktuell zwar (noch) in der Forderungsberechtigung des auf Feststellung klagenden Geschädigten stehende Ansprüche (für deren Geltendmachung er ja eigentlich aktivlegitimiert ist; Rdn 184). Der (regelmäßig anwaltlich vertretene) Feststellungskläger erklärt aber damit (eingeschränkter Prozessantrag), dass er von seiner Aktivlegitimation keinen Gebrauch macht, soweit er in der Zukunft seine Ansprüche durch Forderungsübergang (vor allem private und/oder gesetzliche Zession) verlieren wird oder werde.[245] Der Geschädigte will nur dasjenige sichern, was – nach Berücksichtigung von Drittleistungen – bei ihm (letztlich) verbleibt. Der Kläger nimmt damit eine Einschränkung seines Feststellungsantrages vor, der das Gericht unter Beachtung von § 308 ZPO (ne ultra petita) nachzukommen hat.

 

Rz. 186

Geht in der Folgezeit nach Rechtskraft eines mit einem solchen Tenor ergangenen Urteils die Forderung auf Dritte über, hat der Feststellungsantrag wegen seiner Einschränkung keine Verjährungssicherung zugunsten des Drittleistungsträgers herbeigeführt; künftig erst noch übergehende Forderungen waren ja ausdrücklich aus dem Feststellungsantrag ausgeklammert. Der Drittleistungsträger ist nicht geschützt, ein zu seinen Gunsten greifender Feststellungsantrag war nicht rechtshängig und streitgegenständlich.

 

Rz. 187

§ 265 ZPO kommt nicht Tragen, da der Kläger ausdrücklich keine Prozessstandschaft will, sondern bereits zuvor seinen Klageantrag eingeschränkt hatte.

[245] Vertiefend Jahnke/Burmann-Jahnke/Burmann, Handbuch Personenschadensrecht, 2. Aufl. 2022, Kap. 6 Rn 6528a ff.

b) Vergleich

 

Rz. 188

Vorstehende Aspekte gelten auch für den Fall eines gerichtlichen oder außergerichtlichen[246] Vergleiches mit einem entsprechenden Vorbehaltstext ("oder stattfinden wird").

[246] Zur außergerichtlichen Abfindungsvereinbarung mit einem vergleichbaren Text ("auf SVT oder sonstige Dritte übergegangene/übergehende Ansprüche") siehe BGH v. 24.4.2012 – VI ZR 329/10 – BeckRS 2012, 11294 = GesR 2012, 475 = jurisPR-SozR 13/2012 Anm. 6 (Anm. Dahm) = jurisPR-VerkR 14/2012, Anm. 2 (Anm. Jahnke) = MDR 2012, 840 = NJW 2012, 3639 (Anm. Giesen, NJW 2012, 3609) = NJW-Spezial 2012, 394 = NZS 2012, 752 (nur Ls.) = NZV 2012, 577 (Anm. Dahm, NZV 2012, 575) = r+s 2012, 414 = SP 2012, 284 = VersR 2012, 924 = VRS 123, 167.

c) Verjährung

 

Rz. 189

Der Drittleistungsträger muss die vor dem Forderungsübergang eingetretene Verjährung gegen sich gelten lassen (§§ 412, 404 BGB).[247] Dabei ist auch die Kenntnis eines gesetzlichen Vertreters relevant (§ 166 Abs. 1 BGB).[248] ...

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