Rz. 216

Nach § 118 SGB X[282] ist ein Zivilgericht, das über einen nach § 116 Abs. 1 SGB X vom Geschädigten auf einen Sozialleistungsträger übergegangenen Anspruch zu entscheiden hat, an eine unanfechtbare Entscheidung eines Sozial- oder Verwaltungsgerichts oder eines Sozialleistungsträgers über Grund oder Höhe der dem Leistungsträger obliegenden Verpflichtung grundsätzlich gebunden. Damit soll verhindert werden, dass die Zivilgerichte anders über einen Sozialleistungsanspruch entscheiden als die hierfür an sich zuständigen Leistungsträger oder Gerichte.[283] Sozialversicherungsrechtliche Vorfragen – gerade auch mit Blick auf die jeweiligen speziellen Kenntnisse – sind nicht von der Zivilgerichtsbarkeit, sondern allein und vorrangig im sozialgerichtlichen Verfahren zu entscheiden (Vorrang der sozialrechtlichen Klärung).[284] Sozialrechtliche Vorfragen sollen den Zivilprozess nicht belasten und deshalb vor den Zivilgerichten grundsätzlich nicht erörtert werden.[285] § 118 SGB X erfasst nur Entscheidungen dazu, dass und in welchem Umfang der Leistungsträger zur Leistung verpflichtet ist.[286]

[282] Zu § 118 SGB X Burmann/Greve/Jahnke, Entscheidungen in anderweitigen Verfahren: Auswirkungen auf zivilrechtliche Ansprüche – Bindungswirkung für zivilrechtliche Schadenersatz- und Ausgleichsforderungen?, r+s 2022, 121, 125; Jahnke/Burmann-Jahnke/Burmann, Handbuch Personenschadensrecht, 2. Aufl. 2022, Kap. 6 Rn 210 ff., 5193 ff.; Jahnke/Burmann-Müller, Handbuch Personenschadensrecht, 2. Aufl. 2022, Kap. 8 Rn 725 ff.
[283] BGH v. 5.5.2009 – VI ZR 208/08 – BGHReport 2009, 877 = DAR 2009, 456 = jurisPR-VerkR 17/2009, Anm. 2 (Anm. Lang) = MDR 2009, 864 = r+s 2009, 302 = SP 2009, 286 = VersR 2009, 203 = VRS 116, 435 = zfs 2009, 497 (Rn 13 m.w.N.).
[284] BGH v. 17.10.2017 – VI ZR 423/16 – BGHZ 216, 149 = FamRZ 2018, 148 = jurisPR-MedizinR 2/2018 Anm. 1 (Anm. Plagemann) = jurisPR-VerkR 5/2018 Anm. 1 (Anm. Jahnke) = MDR 2018, 143 = NJW 2018, 1242 (Anm. Armbrüster, NJW 2018, 1218) = NZV 2018, 133 (Anm. Martin) = r+s 2018, 43 (Anm. Lemcke) = VersR 2018, 120 (Anm. Höher, VersR 2018, 831) = VRS 134, 62; BGH v. 20.12.2016 – VI ZR 664/15 – jurisPR-VerkR 9/2017 Anm. 2 (Anm. Jahnke) = MDR 2017, 394 = NZS 2017, 302 (Anm. Wenning) = r+s 2017, 166; OLG Bamberg v. 4.9.2017 – 5 U 63/17 – openJur 2020, 62222 = r+s 2019, 117 (BGH hat NZB nicht angenommen, Beschl. v. 21.9.2018 – VI ZR 375/17 –, BeckRS 2018, 25175 = jurisPR-VerkR 9/2019 Anm. 1 [Anm. Lang]); OLG Frankfurt v. 27.10.2021 – 12 U 293/20 – BeckRS 2021, 44861 = NJW-Spezial 2022, 141 (Anm. Hänsel) = openJur 2022, 2110.
[285] BGH v. 20.12.2016 – VI ZR 664/15 – jurisPR-VerkR 9/2017 Anm. 2 (Anm. Jahnke) = MDR 2017, 394 = NZS 2017, 302 = r+s 2017, 166 (Ob eine Kürzung der Altersrente wegen des Bezugs der vorgezogenen Altersrente nach § 77 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 lit. a SGB VI auch dann gerechtfertigt ist, wenn in einem Haftpflichtschadensfall der Schädiger den nach §§ 116, 119 SGB X regressierenden RVT durch Erstattung der jeweiligen Rentenzahlungen und Zahlung der entgangenen Pflichtbeiträge wirtschaftlich so stellt, als sei der Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersrente erwerbstätig gewesen, ist eine sozialversicherungsrechtliche Vorfrage, die im sozialgerichtlichen Verfahren zu entscheiden ist.); LSG Saarland v. 8.11.2022 – L 1 R 11/21 – BeckRS 2022, 42250 (Die Tatsache, dass ein Altersrentner zuvor erwerbsgemindert war und Rente nach § 43 SGB VI bezog, reicht zur Rechtfertigung des Abschlags der Altersrente gem. § 77 Abs. 3 S. 1 SGB VI aus. Das verstößt nicht gegen Grundrechte [Art. 1, 3 GG]).

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