Rz. 190
Nach § 325 Abs. 1 ZPO wirkt das rechtskräftige Urteil für und gegen die Parteien und die Personen, die nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit Rechtsnachfolger der Parteien geworden sind. Das erklärt sich aus § 265 ZPO, der eine gesetzliche Prozessstandschaft für den Fall der Rechtsnachfolge in den Streitgegenstand nach Rechtshängigkeit der Sache anordnet. Für Rechtsübergänge vor Rechtshängigkeit spielen §§ 265, 325 Abs. 1 ZPO keine Rolle. Ein rechtskräftiges Urteil wirkt grundsätzlich nicht für und gegen den Rechtsnachfolger vor Rechtshängigkeit. War der Rechtsvorgänger bereits bei Prozessbeginn nicht mehr Rechtsinhaber, ist er auch nicht prozessführungsbefugt.
Rz. 191
Eine Entscheidung zwischen dem Verletzten und dem Schadenersatzpflichtigen wirkt daher nicht zugunsten des SVT, auf den die Schadenersatzansprüche nach § 116 SGB X bereits im Unfallzeitpunkt (und damit vor Rechtshängigkeit) übergegangen waren (siehe §§ 265, 325, 727 ZPO). Erfolgt der Forderungswechsel erst später (z.B. mit Begründung der Mitgliedschaft in der Versichertengemeinschaft), kommt es auf den Zeitpunkt der Anhängigkeit der Klage an.
Rz. 192
In diesem Zusammenhang führt der BGH aus:
Zitat
Der Übergang von Schadensersatzansprüchen auf den SVT erfolgt sowohl nach § 116 SGB X als auch nach § 1542 RVO, der wegen der Stichtagsregelung des Art. II § 22 des Gesetzes v. 4.11.1982 BGBl I 1982, 1450 für den Schadensfall anzuwenden ist, regelmäßig schon im Zeitpunkt des Unfalls, soweit nicht völlig unwahrscheinlich ist, dass der SVT dem Geschädigten nach den Umständen des Schadensfalles Leistungen zu erbringen hat, die sachlich und zeitlich mit den Schadensersatzansprüchen des Geschädigten kongruent sind. Für den Rechtsübergang reicht im Interesse eines möglichst weitgehenden Schutzes des SVT vor anderweitigen Verfügungen des Geschädigten schon eine, wenn auch weit entfernte Möglichkeit des Eintritts von Leistungspflichten aus; es darf nur die Entstehung solcher Pflichten nicht völlig unwahrscheinlich, also geradezu ausgeschlossen erscheinen. Hingegen erwirbt der Arbeitgeber den Anspruch erst zu einem späteren Zeitpunkt, nämlich dem seiner Leistung, so dass er Forderungen nur insoweit erwerben kann, als diese nicht bereits auf den SVT übergegangen sind.
…
Soweit nach § 1542 RVO Ersatzansprüche des geschädigten Versicherten auf den SVT übergehen, tritt der SVT völlig an die Stelle des bisherigen Gläubigers (§ 412 BGB). Infolgedessen stehen der kraft Gesetzes übertragene und der beim Geschädigten verbliebene Anspruchsteil trotz Gleichheit des Ursprungs und der Rechtsnatur als selbstständige Forderungen, weil durch die Person der Gläubiger geschieden, einander gegenüber (Senatsurt. v. 15.1.1957 – VI ZR 317/55 – VersR 1957, 231). Dass der Geschädigte nicht befugt ist, über die gegen den Schädiger entstandene Schadensersatzforderung zu verfügen, soweit ihm Versicherungsleistungen zu gewähren sind und die Forderung daher auf den Versicherungsträger übergegangen ist, gilt auch insoweit, als sich der Umfang der Versicherungsleistungen erst nachträglich konkretisiert. Hat der Geschädigte dennoch über die Schadensersatzleistung verfügt oder ein entsprechendes Urteil erstritten, so ist dies für den SVT ohne Wirkung. Nur gegen sich müsste der Zessionar zum Schutz des guten Glaubens des Schuldners ein solches Urteil nach § 407 Abs. 2 BGB gegebenenfalls gelten lassen.“
Rz. 193
Der Rechtsnachfolger kann eine Bindung nicht durch Genehmigung der Prozessführung des Verletzten herbeiführen.