Rz. 154
Eine vom Pflichtversicherer erhobene negative Feststellungsklage ist geeignet, die Rechtskrafterstreckung herbeizuführen.
Rz. 155
Bei der negativen Feststellungsklage ist jedes Gericht zuständig, bei dem ein besonderer Gerichtsstand für die Leistungsklage des Feststellungsbeklagten gegeben ist.
Rz. 156
Die negative Feststellungsklage ist zulässig, wenn ein rechtliches Interesse an der baldigen Feststellung des Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses besteht, weil die Rechtsposition des Klägers an einer gegenwärtigen Ungewissheit leidet, die durch das Feststellungsurteil beseitigt werden kann. Ein Versicherer kann gegen den Verletzten oder dessen Rechtsnachfolger (Drittleistungsträger, wie z.B. SVT) auf Feststellung des Nichtbestehens von Schadenersatzansprüchen gegen den Versicherten klagen.
Rz. 157
Ein rechtliches Interesse an einer alsbaldigen Feststellung des Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses ist i.d.R. gegeben, wenn der Beklagte sich eines Anspruchs gegen den Kläger berühmt (§ 256 ZPO). Das erforderliche Feststellungsinteresse liegt vor, wenn für den Beklagten eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit dadurch droht, dass sich der Kläger eines Anspruchs gegen ihn berühmt. Das Urteil muss geeignet sein, diese Unsicherheit zu beseitigen. Das Vorliegen eines Feststellungsinteresses gemäß § 256 Abs. 1 ZPO für eine negative Feststellungsklage ist nicht zusätzlich davon abhängig, dass eine stattgebende Entscheidung hinsichtlich des Feststellungsantrags den zwischen den Parteien bestehenden Streit insgesamt beendet; maßgeblicher Bezugspunkt für das rechtliche Interesse des Klägers i.S.d. § 256 Abs. 1 ZPO ist das Rechtsverhältnis, das Gegenstand des Feststellungsbegehrens ist.
Rz. 158
Es kommt nicht darauf an, ob der Beklagte behauptet, bereits jetzt eine durchsetzbare Forderung gegenüber dem Kläger zu besitzen. Schon die Behauptung der Möglichkeit eines Ersatzanspruchs, der noch von bestimmten Voraussetzungen abhängig sein soll, reicht aus. Die Rechtsstellung des Klägers ist schutzwürdig betroffen, wenn der Beklagte geltend macht, aus dem bestehenden Rechtsverhältnis könne sich unter bestimmten Voraussetzungen ein Anspruch gegen den Kläger ergeben. § 256 ZPO ermöglicht sogar die Feststellung eines betagten oder bedingten Rechtsverhältnisses.
Rz. 159
Bei der negativen Feststellungsklage muss der Feststellungskläger lediglich beweisen, dass sich der Beklagte eines Anspruchs aufgrund eines bestimmten Lebenssachverhalts berühmt. Demgegenüber obliegt dem Anspruchsteller in der Rolle des Feststellungsbeklagten der Beweis derjenigen Tatsachen, aus denen er seinen Anspruch herleitet; denn auch bei der leugnenden Feststellungsklage ist – wenn auch mit umgekehrten Parteirollen – Streitgegenstand der materielle Anspruch, um dessen Nichtbestehen gestritten wird. Die Umkehr der Parteirollen bei der negativen Feststellungsklage ist auf die Darlegungs- und Beweislastverteilung ohne Einfluss.
Rz. 160
Einer Teilklage (Rdn 37 ff.) kann rechtlich zulässig mit einer negativen Feststellungswiderklage – die ihrerseits nicht zur umgekehrten Hemmung führt (§ 5 Rdn 724) – begegnet werden, wenn diese die Feststellung zum Ziel hat, dass der klagenden Partei ein weiterer Anspruch, der über den Teilklageanspruch hinausgeht, nicht zusteht. Das (negative) Feststellungsinteresse entfällt, wenn der Kläger im Verlaufe des Rechtsstreites auf die Ansprüche verzichtet, deren er sich bis zu diesem Zeitpunkt berühmte.
Rz. 161
Das Feststellungsinteresse entfällt hingegen nicht schon durch die einseitige Erklärung des Gegners, er werde keine weiteren Ansprüche geltend machen, wenn er mit einer erhobenen Teilklage rechtskräftig unterliege. Auch die nicht bindende Verzichts- oder Beschränkungserklärung des Forderungsprätendenten lässt das Feststellungsinteresse nicht entfallen.
Rz. 162
Für die Bemessung des Streitwerts bei einer negativen Feststellungsklage sind völlig unrealistische Anspruchsbegründungen nicht maßgeblich.