Rz. 86
Eine Schadenposition, die zum Gegenstand einer bezifferten Leistungsklage gemacht worden ist, kann grundsätzlich nicht in identischem Umfang Gegenstand eines (hilfsweisen) Feststellungsantrages sein.
Rz. 87
Das Feststellungsinteresse entfällt daher, wenn eine Leistungsklage möglich und zumutbar ist, denn diese erlaubt in einem einzigen Prozess die endgültige Klärung des Streitstoffes. Ein berechtigtes Interesse an der Erhebung einer positiven Feststellungsklage besteht grundsätzlich nicht, wenn der Kläger dasselbe Ziel mit einer Klage auf Leistung erreichen kann (Vorrang der Leistungsklage). Für die Feststellung bereits entstandener Unfallfolgen fehlt i.d.R. das Feststellungsinteresse, diese Folgen sind im Wege der Leistungsklage zu verfolgen. Die Feststellungsklage ist außerdem nicht zulässig, wenn die Schadenentstehung zwar abgeschlossen ist, die Bemessung jedoch schwierige Prognosen verlangt.
Rz. 88
Es besteht jedoch keine allgemeine Subsidiarität der Feststellungsklage gegenüber der Leistungsklage, es kann eine Feststellungsklage im Einzelfall trotz der möglichen Erhebung einer Leistungsklage zulässig sein. Das Feststellungsinteresse kann trotz möglicher Leistungsklage dann bejaht werden, wenn schon ein Feststellungsurteil zu einer endgültigen Streitbeilegung führt, weil der Beklagte erwarten lässt, dass er bereits auf ein Feststellungsurteil hin leisten wird; anderes gilt aber, wenn auch die Anspruchshöhe bestritten wird.
Rz. 89
Geht es um die gerichtliche Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen, ist anerkannt, dass eine Feststellungsklage zulässig ist, solange die Schadensentwicklung noch nicht abgeschlossen ist und der Schaden daher noch nicht endgültig beziffert werden kann. Dabei müssen die zu erwartenden Schäden nicht wahrscheinlich, sondern nur möglich sein. Die Befürchtung künftiger neben bereits als Schadensposition geltend gemachter erstattungsfähiger Schäden sind allerdings vom Kläger dazulegen. Ist bei Klageerhebung ein Teil des Schadens schon entstanden, weiterer Schaden aber noch in der Entstehung befindlich, ist der Verletzte nicht gezwungen, seine Klage stets in eine Leistungsklage (Zahlung bis zur Klageerhebung) und eine Feststellungsklage (für zukünftige Schäden) aufzuspalten. Der Anspruchsteller muss dann im Laufe des Prozesses keine Umstellung von einer Feststellungs- in eine Leistungsklage vornehmen, wenn dies aufgrund der Schadensentwicklung im Laufe des Rechtsstreits möglich würde, weil sich der Anspruch beziffern ließe. Eine Feststellungsklage ist also trotz einer möglichen Leistungsklage zulässig, wenn dies unter dem Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit sinnvoll und sachgerecht ist. Ist eine Schadensentwicklung noch nicht abgeschlossen, kann der Kläger daher in vollem Umfang Feststellung der Ersatzpflicht begehren. Der Feststellungsantrag umfasst den gesamten Schaden; auch den, der schon mit einer Leistungsklage geltend gemacht werden könnte. Bei einer Situation, in der die Schadensentwicklung gerade nicht abgeschlossen ist und Zukunftsschäden drohen, ist eine umfassende Feststellungsklage auch für Schäden, die bereits bei Klageerhebung entstanden sind, zulässig.
Rz. 90
Der BGH führt aus:
Zitat
Ein Kläger ist nicht grundsätzlich gehalten ist, seine Klage in eine Leistungs- und in eine Feststellungsklage aufzuspalten, wenn bei Klageerhebung ein Teil des Schadens schon entstanden, die Entstehung weiteren Schadens aber noch zu erwarten ist.
Zwar fehlt grundsätzlich das Feststellungsinteresse, wenn der Kläger dasselbe Ziel mit einer Klage auf Leistung erreichen kann. Es besteht jedoch keine allgemeine Subsidiarität der Feststellungsklage gegenüber der Leistungsklage. Vielmehr ist eine Feststellungsklage trotz der Möglichkeit, Leistungsklage zu erheben, zulässig, wenn die Durchführung des Feststellungsverfahrens unter dem Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit zu einer sinnvollen und sachgemäßen Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte führt. Dementsprechend ist anerkannt, dass dann, wenn eine Schadensentwicklung noch nicht abgeschlossen ist, der Kläger in vollem Umfang Feststellung der Ersatzpflicht begehren kann.
Dem steht nicht entgegen, dass einzelne Schadenspositionen bei Klageerhebung bereits bezifferbar und die diesen zugrunde liegenden Sachverhalte bereits abgeschlossen gewesen sein mögen. Ein Feststellungsantrag erfasst den gesamten dem Kläger entstandenen Schaden, auch solche Positionen, die – aus welchem Grund auch immer – nicht mit der Leistungsklage geltend gemacht und auch nicht zur Begründung des Feststellungsantrags konkretisiert wurden. Einzelne bei Klageerhebung bereits entstandene Schadenspositionen stellen daher lediglich einen Schadensteil im obigen Sinne dar.“
Rz. 91
Eine unbegründete Leistungsklage kann im Einzelfall einen Feststellungsantrag enthalten, dem ein Gericht – auch ohne entsprechenden Hilfsantrag – stattgeben kann.
Rz. 92
Erhebt der Kläger, der ...