Rz. 273
Hinweis
Zur familien-/betreuungsgerichtliche Genehmigung siehe § 2 Rdn 715 ff., 755 ff.
Rz. 274
Ein lediglich formnichtiger Prozessvergleich kann durchaus als formfreier und damit wirksamer außergerichtlicher Vergleich zu werten sein (§ 140 BGB), wenn dies dem mutmaßlichen Parteiwillen entspricht. Ein außergerichtlicher Vergleich beendet, anders als der Prozessvergleich, einen anhängigen Rechtsstreit nicht unmittelbar, führt aber zu einer prozesshindernden Einrede.
Rz. 275
Eine familien- oder betreuungsgerichtliche Genehmigung ist (also auch jenseits eines Wertes von 6.000 EUR [bis 31.12.2022 3.000 EUR]) nicht erforderlich, wenn der Vergleich einem schriftlichen oder protokollierten gerichtlichen Vergleichsvorschlag ("auf Vorschlag des Gerichts …") entspricht (§ 1854 Nr. 6 BGB [§ 1822 Nr. 12 Alt. 2 BGB a.F.]; siehe § 2 Rdn 756 ff.).
Rz. 276
Der Streit darüber, ob ein Prozessvergleich nichtig ist, ist in Fortführung des Ursprungsverfahrens auszutragen. Ein unwirksamer Vergleich hat nämlich nicht zur Beendigung des Ausgangsprozesses geführt, so dass einer neuen Klage der Einwand anderweitiger Rechtshängigkeit entgegensteht. Der Rechtsstreit, in dem ein unwirksamer Prozessvergleich geschlossen wurde, ist also nur dann fortzusetzen, wenn eine Partei die Wirksamkeit des Prozessvergleichs angreift und damit dessen prozessbeendigende Wirkung in Frage stellt. Der Einwand, aufgrund der Unwirksamkeit eines Prozessvergleichs müsse das Ursprungsverfahren fortgesetzt werden, ist eine verzichtbare prozessuale Rüge, die grundsätzlich vor Beginn der Verhandlung zur Hauptsache bzw. im Rahmen einer vom Gericht gesetzten Klageerwiderungsfrist vorzubringen ist.
Rz. 277
Eine neue Klage ist nur dann zulässig, wenn mit ihr gerade nicht die Wirksamkeit des Vergleiches in Frage gestellt wird. Der Streit über die Frage, ob die Geschäftsgrundlage eines Prozessvergleiches fehlt oder nachträglich entfallen ist, kann allerdings nicht durch Fortführung des durch den Vergleich erledigten (Ursprungs-)Rechtsstreites entschieden werden. Hier ist stattdessen eine neue Klage notwendig, da dem Prozessvergleich seine prozessbeendende Wirkung nicht nachträglich genommen wurde. Eine neue Klage, die den Streitgegenstand des ursprünglichen Rechtsstreits umfasst, ist zulässig, wenn die Parteien die Beendigung des Ursprungsrechtsstreits durch den Vergleich nicht in Frage stellen.
Rz. 278
Wird wegen Prozessbetruges der Vergleichsbetrag nebst anderen Schadenersatzforderungen aus § 826 BGB herausverlangt, kann ebenfalls eine neue Klage zulässig sein. § 826 BGB schützt auch die Dispositionsfreiheit des Vertragsschließenden mit der Folge, dass ein Schaden unter bestimmten Voraussetzungen schon im Abschluss eines ungewollten Vertrages liegen kann.