Norbert Schneider, Lotte Thiel
Rz. 13
Nach Nr. 2101 VV erhält der Anwalt für die Ausarbeitung eines schriftlichen Gutachtens über die Erfolgsaussicht einer Beschwerde oder Rechtsbeschwerde eine 1,3-Gebühr. Diese Vorschrift ist lex specialis zu § 34 Abs. 1 S. 2 RVG und geht den dortigen Regelungen vor.
Beispiel 6: Prüfung der Erfolgsaussicht eines Rechtsmittels mit Ausarbeitung eines schriftlichen Gutachtens
Der am BGH zugelassene Anwalt erhält den Auftrag, ein Gutachten über die Erfolgsaussicht einer Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des OLG zu erstellen (Beschwer 70.000,00 EUR). Er verfasst das Gutachten und rät von einer Rechtsbeschwerde ab. Diese wird auch nicht eingelegt.
Die Prüfungsgebühr der Nr. 2100 VV entsteht jetzt zu 1,3 (Nr. 2101 VV).
1. |
1,3-Prüfungsgebühr, Nrn. 2100, 2101 VV |
|
1.732,90 EUR |
|
(Wert: 70.000,00 EUR) |
|
|
2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
1.752,90 EUR |
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3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
333,05 EUR |
Gesamt |
|
2.085,95 EUR |
Rz. 14
Auch diese Gebühr ist anzurechnen, wenn das Rechtsmittel durchgeführt wird. Die Anm. zu Nr. 2100 VV gilt auch bei Nr. 2101 VV, weil es sich auch insoweit um eine Gebühr nach Nr. 2100 VV mit lediglich einem abweichenden Gebührensatz handelt.
Beispiel 7: Prüfung der Erfolgsaussicht eines Rechtsmittels mit Ausarbeitung eines schriftlichen Gutachtens und anschließendem Rechtsmittelverfahren
Der am BGH zugelassene Anwalt erhält den Auftrag, ein Gutachten über die Erfolgsaussicht einer Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des OLG zu erstellen (Beschwer 70.000,00 EUR). Er verfasst das Gutachten und rät zu einer umfassenden Rechtsbeschwerde, die er dann auch auftragsgemäß einlegt und über die verhandelt wird.
Die Prüfungsgebühr ist im Rechtsbeschwerdeverfahren in voller Höhe anzurechnen.
I. |
Gutachten (Wert: 70.000,00 EUR) |
1. |
1,3-Prüfungsgebühr, Nrn. 2100, 2101 VV |
|
1.732,90 EUR |
2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
1.752,90 EUR |
|
3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
333,05 EUR |
Gesamt |
|
2.085,95 EUR |
II. |
Rechtsbeschwerdeverfahren (Wert: 70.000,00 EUR) |
1. |
2,3-Verfahrensgebühr, Nrn. 3206, 3208 VV |
|
3.065,90 EUR |
2. |
gem. Nr. 2101 VV i.V.m. Anm. zu Nr. 2100 VV anzurechnen, |
|
1,3-Gebühr aus 70.000,00 EUR |
|
– 1.732,90 EUR |
3. |
1,5-Terminsgebühr, Nr. 3210 VV |
|
1.999,50 EUR |
4. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
3.352,50 EUR |
|
5. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
636,98 EUR |
Gesamt |
|
3.989,48 EUR |
Rz. 15
Wird das Rechtsmittel von dem Anwalt, der mit der Prüfung der Erfolgsaussicht und Ausarbeitung eines schriftlichen Gutachtens beauftragt war, nicht in vollem Umfang eingelegt, sondern eingeschränkt durchgeführt, ist wiederum analog Vorbem. 3 Abs. 4 S. 5 VV nur insoweit anzurechnen, als sich der Wert der Prüfungstätigkeit im Rechtsmittelverfahren fortsetzt.
Beispiel 8: Prüfung der Erfolgsaussicht eines Rechtsmittels mit Ausarbeitung eines schriftlichen Gutachtens und anschließendem Rechtsmittelverfahren, beschränkter Rechtsmittelauftrag
Der am BGH zugelassene Anwalt erhält den Auftrag, ein Gutachten über die Erfolgsaussicht einer Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des OLG zu erstellen (Beschwer 70.000,00 EUR). Er verfasst das Gutachten und rät zu einer Rechtsbeschwerde in Höhe von 40.000,00 EUR, die er dann auch auftragsgemäß einlegt und über die verhandelt wird.
Die Prüfungsgebühr entsteht wiederum aus dem vollen Wert; die Verfahrensgebühr des Rechtsmittelverfahrens entsteht dagegen nur aus einem geringeren Wert (§ 40 Abs. 1 S. 1 FamGKG). Angerechnet wird daher auch nur aus diesem geringeren Wert.
I. |
Gutachten (Wert: 70.000,00 EUR) |
1. |
1,3-Prüfungsgebühr, Nr. 2101 VV |
|
1.732,90 EUR |
2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
1.752,90 EUR |
|
3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
333,05 EUR |
Gesamt |
|
2.085,95 EUR |
II. |
Revisionsverfahren (Wert: 40.000,00 EUR) |
1. |
2,3-Verfahrensgebühr, Nrn. 3206, 3208 VV |
|
2.329,90 EUR |
2. |
gem. Nr. 2101 VV i.V.m. Anm. zu Nr. 2100 VV anzurechnen, |
|
1,3-Gebühr aus 40.000,00 EUR |
|
– 1.316,90 EUR |
3. |
1,5-Terminsgebühr, Nr. 3210 VV |
|
1.519,50 EUR |
4. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
2.552,50 EUR |
|
5. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
484,98 EUR |
Gesamt |
|
3.037,48 EUR |
Rz. 16
Wird nach Gutachtenerstellung ein anderer Anwalt mit der Durchführung des Rechtsmittelverfahrens beauftragt, findet eine Anrechnung nicht statt, etwa wenn der für die zweite Instanz beauftragte Anwalt die Aussicht einer Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des OLG gutachterlich prüft und bejaht und daraufhin ein BGH-Anwalt mit dem Rechtsbeschwerdeverfahren beauftragt wird.