1. Leistungsschutzrechte
Rz. 466
Die §§ 88 bis 94 UrhG enthalten besondere Bestimmungen für Filme, gehen zwar ausdrücklich auf den Schutz des Filmherstellers ein (§ 94 UrhG), definieren dabei aber nicht den "Filmurheber". Da Ausgangspunkt für die Filmherstellung das Filmurheberrecht ist, soll zunächst die Filmurheberschaft betrachtet werden. Filmurheber sind diejenigen natürlichen Personen, die tatsächlich an den Dreharbeiten mitgewirkt haben und deren schöpferischen Beiträge in das Filmwerk (§ 2 Abs. 1 Nr. 6 UrhG) einfließen. Im Einzelnen sind zu nennen der Filmregisseur, der Kameramann und der Cutter, in jüngerer Zeit der Multimedia-Regisseur. Abzugrenzen sind diese von den Urhebern vorbestehender Werke, wie etwa einem Roman oder einer musikalischen Komposition. Nach Auffassung von Henning-Bodewig zählen zu den Filmurhebern auch der Drehbuchautor, die Verfasser des vorläufigen Drehbuches (Treatment, Exposé) und die Komponisten der Filmmusik. Ob dieser Auffassung gefolgt werden kann, erscheint zumindest dann fraglich, wenn dadurch der Kreis der "Schöpfer" unübersichtlich wird, indem dann auch Maskenbildner, Zeichner und Synchronisationsverfasser hier einzuordnen wären.
Rz. 467
Der EuGH hat aber in einer neueren Entscheidung (zumindest) dem Hauptregisseur gegenüber dem Filmhersteller ein eigenes Urheberrecht zugestanden.
Rz. 468
Die Filmurheber und Leistungsschutzberechtigten können nur "gröbliche" Einstellungen oder andere "gröbliche" Beeinträchtigungen ihrer Werke verbieten. Sie haben auf den Filmhersteller angemessene Rücksicht zu nehmen (§ 93 UrhG). Im Verhältnis zu den sonstigen urheberrechtlichen Schutzvorschriften, wie §§ 14, 39 und 75 UrhG, nimmt diese Regelung eine Sonderstellung ein, als hier Entstellungen in gewissem Maße zu tolerieren sind. Grenze ist die gröbliche Entstellung, also eine solche, die in besonders starker Weise die Interessen des Urhebers oder des Leistungsschutzberechtigten verletzt oder wenn eine völlige Verkehrung des ursprünglichen Sinngehalts des Filmwerkes bzw. des ihm zugrunde liegenden Werkes oder eine völlige Verunstaltung von urheberrechtlich wesentlichen Teilen des Films stattfindet.
Rz. 469
Das hier vorrangig zu behandelnde Schutzrecht des Filmherstellers erstreckt sich auf das Filmwerk (im Sinne eines "Filmstreifens"), nicht aber auf die zugrundeliegenden Werke, wie etwa das Drehbuch. Das Filmwerk entsteht also erst als Ergebnis der Dreharbeiten (siehe auch § 90 S. 2 UrhG) und nicht bereits durch das Drehbuch (zum Schutz des Treatments (Drehbuchentwurf) siehe § 2 Rdn 67). Der Filmhersteller kann sich also nicht gegen ein Plagiat, bezogen auf das Drehbuch oder einzelne Bilder, zur Wehr setzen, sondern müsste sich dann auf die Rechte der Urheber berufen. Der Filmhersteller hat das ausschließliche Recht, den Filmträger zu vervielfältigen, zu verbreiten (einschließlich der Vermietung), zur öffentlichen Vorführung und Funksendung zu benutzen sowie öffentlich zugänglich zu machen (entsprechend § 19a UrhG). Zudem kann er jede Entstellung oder Kürzung des Filmträgers verbieten, die geeignet ist, seine berechtigten Interessen daran zu gefährden (§ 94 Abs. 1 UrhG). Das Filmrecht kann übertragen und lizenziert werden (§ 94 Abs. 2 UrhG). Diese Rechte erlöschen 50 Jahre nach Erscheinen des Bildträgers oder Bild- und Tonträgers bzw. nach der ersten erlaubten Benutzung (§ 94 Abs. 3 UrhG). Darüber hinaus sind die Vorschriften über die Schranken der Werk-Urheber-Beziehung (§§ 45 bis 63a UrhG) zu beachten (§ 94 Abs. 4 UrhG). Im Hinblick auf später erstellte Filmvideos besteht ein Vergütungsanspruch bei Verleih (gem. § 27 Abs. 1, 2 UrhG). Zwar muss zunächst die private Überspielung auf Bild- oder Tonträger geduldet werden, es besteht aber dann ein Vergütungsanspruch gegen die Geräte- und Leerkassettenhersteller bzw. Importeure (§§ 54 ff. UrhG).
Rz. 470
Die in §§ 88 und 89 UrhG geregelten Rechte zur Verfilmung und am Filmwerk umfassen umfangreiche ausschließliche Nutzungsrechte, die aus der Übernahme der ganz erheblichen finanziellen Risiken gerechtfertigt sind. Seit der Gesetzesnovelle vom 22.3.2002 erfasst § 88 Abs. 1 UrhG als gesetzliche Vermutungsregel nicht nur die Erstverwertung von Kino- und Fernsehfilmen, sondern auch die filmische Zweitverwertung, insbesondere auch Videofilme. Im Zweifel sollen also sämtliche filmischen Nutzungsbefugnisse in der Hand des Filmherstellers liegen. § 88 Abs. 2 UrhG ordnet an, dass das Verfilmungsrecht als ein ausschließliches Herstellungsrecht zur einmaligen Herstellung eines Films (Abs. 2 S. 1) unter Verwendung des vorbestehenden Werkes für die Dauer von ("im Zweifel") zehn Jahren eingeräumt wird (Abs. 2 S. 2). Das dem Filmhersteller zustehende Verfilmungsrecht des § 88 Abs. 1 UrhG ist deshalb ein besonderes Bearbeitungsrecht im Sinne von § 23 UrhG, weil dessen Abs. 2 schon für die Herstellung einen entsprechenden Rechtserwerb voraussetzt.
Rz. 471
§ 89 UrhG stellt klar, dass der zur Mitwirkung bei der Herstellung eines Filmes Verpfli...