Rz. 30

Der Gesetzgeber hat die zur Bestimmung des Schutzumfangs des allgemeinen Persönlichkeitsrechts vorzunehmende Abwägung in einigen Fällen bereits selbst vorgenommen oder zumindest konkretisiert. So sind bspw. in § 23 Abs. 1 KunstUrhG Fälle geregelt, in denen es zur Verbreitung und Zurschaustellung eines Fotos der Einwilligung der abgebildeten Person nicht bedarf, etwa dann, wenn sie "nur als Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit" erscheint (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 KunstUrhG). Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass die Einwirkung auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen von so geringem Ausmaß ist, dass die Interessen desjenigen, von dem die Einwirkung ausgeht, überwiegen.

 

Rz. 31

Die §§ 22 ff. KunstUrhG greifen allerdings eben nur dann ein, wenn es um die Verbreitung und Zurschaustellung von Aufnahmen geht. Das heißt aber nicht, dass bspw. das Anfertigen eines Fotos ohne Einwilligung der abgebildeten Person ohne weiteres erlaubt ist. Die Regelungen im KunstUrhG sind eine besondere Ausprägung des Schutzes des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, die "das bloße Innehaben und Betrachten von Bildaufnahmen gegen den Willen des Abgebildeten" zwar nicht erfasst, aber, so der BGH weiter:[24]

Zitat

"Nach der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung gibt Art. 2 Abs. 1 i.V.m. mit Art. 1 Abs. 1 GG kein allgemeines oder gar umfassendes Verfügungsrecht über die Darstellung der eigenen Person. Das Recht am eigenen Bild gewährleistet dem Einzelnen aber Einfluss- und Entscheidungsmöglichkeiten, soweit es um die Anfertigung und Verwendung von Bildaufzeichnungen seiner Person durch andere geht. […] Durch die Sonderregelung des § 22 KunstUrhG wird ein Rückgriff auf das Persönlichkeitsrecht nicht verwehrt (vgl. Senatsurteil vom 2.7.1974 – VI ZR 121/73, NJW 1974, 1947, 1948). So hat der erkennende Senat bereits entschieden, dass ein Löschungsanspruch in Betracht kommt, wenn bereits durch die Anfertigung von Fotos das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Abgebildeten verletzt wurde, der Besitz an den Fotos Folge dieser Verletzung ist und der hierdurch hervorgerufene Störungszustand aufrechterhalten wird (vgl. Senatsurteile vom 24.6.2008 – VI ZR 156/06, BGHZ 177, 119 Rn 30; vom 16.9.1966 – VI ZR 268/64, NJW 1966, 2353, 2354; BGH, Urt. v. 10.5.1957 – I ZR 234/55, BGHZ 24, 200, 208; …). Zum rechtlich geschützten Bereich des Persönlichkeitsrechts gehört in Ausformung der verfassungsrechtlichen Wertentscheidung der Art. 1 und Art. 2 GG zugunsten des freien, eigenverantwortlichen Individuums auch, dass der Einzelne grundsätzlich allein zur Verfügung über die Verwendung seines Bildnisses – nicht nur in der Öffentlichkeit, sondern auch sonst – berechtigt ist."

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