Rz. 20

Der Arbeitgeber ist seinerseits in der Regel zur Herausgabe privater Aufzeichnungen verpflichtet. So hat das OLG Dresden entschieden,[16]

Zitat

"dass, wenn im Rahmen eines Vertragsverhältnisses von einem Vertragspartner für den anderen ein E-Mail-Account angelegt [wird], auf dem dieser auch private Mails speichert, […] es den vertraglichen Nebenpflichten [entspricht], von einer Löschung des Accounts nach Beendigung des Vertragsverhältnisses solange abzusehen, bis klar ist, dass die andere Partei an der Nutzung des Accounts kein Interesse mehr hat."

 

Rz. 21

Mit diesen Ausführungen ist zwar noch kein Herausgabeanspruch begründet, sondern nur eine Pflicht, den E-Mail-Account und die dort gespeicherten Inhalte nicht zu löschen. Ein Anspruch auf Herausgabe gegen den Arbeitgeber liegt aber in der Konsequenz der Entscheidung.[17] Dem Arbeitgeber ist es nämlich auch nicht gestattet, den E-Mail-Account und die dort gespeicherten privaten E-Mails auf unbegrenzte Zeit zu speichern, da das einen Verstoß gegen § 35 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 BDSG (Löschpflicht nach Zweckwegfall) und den Grundsatz der Datensparsamkeit nach § 3a BDSG darstellen würde. Der Arbeitgeber muss also dem ausgeschiedenen Arbeitnehmer die privaten Daten "andienen" und kann erst dann, wenn der Arbeitnehmer seine Zustimmung zur Löschung erteilt oder nach einer angemessenen Frist nicht antwortet, den E-Mail-Account löschen.

 

Rz. 22

Da mit dem Erbgang auch die Berechtigung an privaten Inhalten nach § 1922 BGB auf die Erben übergeht (vgl. § 2 Rdn 38 ff.), gilt das auch für einen etwaigen Herausgabeanspruch gegen den Arbeitgeber des Erblassers. Hieran knüpft sich die Frage an, ob Rechte der Kommunikationspartner des Erblassers der Herausgabe privater Nachrichten an die Erben durch den Arbeitgeber entgegenstehen und die Erfüllung des Anspruchs dadurch rechtlich unmöglich machen (ausführlich siehe § 4 Rdn 50 ff.).

 

Rz. 23

Festhalten können wir damit, dass ein Herausgabeanspruch des Arbeitnehmers besteht, der auf die Erben übergeht. Die oben zitierten Ausführungen des OLG Dresden beschränken sich aber nicht auf Arbeitsverhältnisse. Der zum Ausdruck gebrachte allgemeine Rechtsgedanke lässt sich auch auf andere Vertragsverhältnisse wie den Auftrag übertragen. Diese Grundsätze gelten mithin bspw. auch dann, wenn der Erblasser nicht als Arbeitnehmer, sondern aufgrund eines Auftrags selbständig tätig war. So wird in unserem Beispielsfall auch ein Anspruch des A gegen das Architekturbüro auf Herausgabe seiner privaten Daten bestanden haben, der auf L als seine Erbin übergegangen ist.

[16] OLG Dresden, Beschl. v. 5.9.2012 – 4 W 961/12, Ziffer II. 5. der Gründe, BeckRS 2012, 21789 = NJW-RR 2013, 27.
[17] Vgl. Steinle: http://www.it-rechtsanwalt.com/datenschutz/herausgabeanspruch-bzgl-privater-e-mails-nochmals-zum-fall-des-olg-dresden-az-4-w-96112–3906.php (abgerufen am 27.8.2017), dort auch zum folgenden Text.

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