Rz. 76
Im alten Recht (§ 14 Nr. 2 WEG a.F.) war ausdrücklich geregelt, dass jeder Wohnungseigentümer für die Einhaltung der Pflichten durch die Personen zu sorgen hat, denen er die Benutzung seines Wohnungseigentums überlässt (typischerweise also Mietern). Die Vorschrift als solche ist zwar entfallen; ihr Regelungsgehalt gilt aber weiter, da er in § 14 Abs. 2 Nr. 1 WEG aufgegangen ist. Nach dieser Vorschrift hat jeder Wohnungseigentümer vermeidbare Beeinträchtigungen anderer Wohnungseigentümer zu unterlassen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Beeinträchtigung unmittelbar (bei Eigennutzung) oder mittelbar (bei Fremdnutzung) erfolgt. Besteht die störende Handlung darin, dass der Eigentümer seinem Mieter das Sondereigentum zu einem gegen die Zweckbestimmung verstoßenden Zweck überlässt, begeht der Eigentümer bereits selbst eine Pflichtverletzung und ist Störer i.S.v. § 1004 BGB. Ist die Überlassung als solche nicht zu beanstanden, begeht aber der Mieter unzulässige Handlungen (Störungen), werden diese dem vermietenden Eigentümer gem. § 278 BGB zugerechnet (str.). Denn der Mieter ist Erfüllungsgehilfe des Eigentümers hinsichtlich der dem Eigentümer gegenüber der Gemeinschaft gem. § 14 WEG obliegenden Obhuts- und Rücksichtnahmepflichten; deshalb haftet der Vermieter auch auf Schadensersatz, wenn sein Mieter Gemeinschaftseigentum beschädigt (→ § 12 Rdn 8). Der BGH hat allerdings zuletzt darauf abgestellt, ob der Eigentümer dem Mieter den Gebrauch seiner Sache mit der Erlaubnis zu störenden Handlungen überlassen hat (dann liegt bereits darin ein Pflichtenverstoß, sodass sich die Frage der Zurechnung nicht mehr stellt), oder ob er es unterlassen hat, ihn von einem fremdes Eigentum beeinträchtigenden Gebrauch abzuhalten (was voraussetzt, dass er nach dem Mietvertrag eine entsprechende Einwirkungsbefugnis hat). Letztlich führen die unterschiedlichen Auffassungen zum Glück kaum zu abweichenden Ergebnissen. Es ist anerkannt, dass der der vermietende Eigentümer als (mittelbarer) Störer gem. §§ 1004 Abs. 1 BGB i.V.m. § 14 Nr. 1 WEG (§ 15 Abs. 3 WEG a.F.) auf Unterlassung in Anspruch genommen werden kann, wenn sein Mieter das Gemeinschaftseigentum beschädigt, gegen die Hausordnung verstößt oder wenn die Nutzung den Rahmen des Bestimmungszwecks des Sondereigentums überschreitet. Dabei kann sich der vermietende Eigentümer zunächst (im "Erkenntnisverfahren") nicht damit verteidigen, dass er sich bereits erfolglos darum bemüht habe, seinen Mieter zur Unterlassung der Störungen anzuhalten. Die Pflichten des Eigentümers werden dadurch, dass er mietvertraglich gebunden ist, nicht beschränkt; seine Haftung scheidet nur aus, wenn feststeht, dass ein Unterlassungsanspruch gegen ihn "unter keinen Umständen durchzusetzen ist". Etwaige Bemühungen, die Störung abzustellen, werden erst im Rahmen der Zwangsvollstreckung gewürdigt, wenn bei Verstößen gegen die titulierte Unterlassungspflicht zu beurteilen ist, ob der Eigentümer alles in seiner Macht stehende getan hat, um seiner Pflicht nachzukommen.
Rz. 77
Der Antrag (einer Klage oder eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung) gegen den vermietenden Wohnungseigentümer ist auf Unterlassung der konkret bezeichneten Störung zu richten. Es ist seine Sache, wie er der Unterlassungspflicht nachkommt; ein Anspruch auf Vornahme bestimmter Maßnahmen – wie z.B. die Kündigung des Mietvertrags – besteht grundsätzlich nicht (→ § 3 Rdn 72). Es ist auch nicht nötig zu verdeutlichen, dass der in Anspruch genommene Eigentümer nur mittelbarer Störer ist, indem bspw. beantragt wird, er habe es "zu unterlassen, das Teileigentum als Wohnraum zu nutzen oder nutzen zu lassen" oder dass "der Beklagte verurteilt wird, durch geeignete Maßnahmen sicher zu stellen, dass die Mieter es unterlassen usw.". Generell ist ein Unterlassungsantrag einem Antrag auf positives Tun (Antrag auf Verurteilung, "durch geeignete Maßnahmen sicher zu stellen, dass …") vorzuziehen, weil nur bei Unterlassungspflichten die Zwangsvollstreckung einigermaßen problemlos möglich ist (dazu nachfolgend). Allerdings lassen die Gerichte auch dann eine Zwangsvollstreckung nach § 890 ZPO zu, wenn – entgegen vorstehender Empfehlung – in den Fällen mittelbarer Störerschaft eine Handlungspflicht ausgeurteilt wird, weil es im Ergebnis um eine Unterlassung geht.
Rz. 78
Muster 3.6: Klageantrag gegen den vermietenden Miteigentümer auf Unterlassung von Störungen
Muster 3.6: Klageantrag gegen den vermietenden Miteigentümer auf Unterlassung von Störungen
1. Herr A wird verurteilt, die Nutzung des Teileigentums Nr. 1 durch den Betrieb des Spielsalons außerhalb der Ladenschlusszeiten [oder: die Nutzung und Vermietung des Teileigentums Nr. 1 als Wohnraum] zu unterlassen.
2. (Androhung Ordnungsgeld → § 3 Rdn 73)
Rz. 79
Die Zwangsvollstreckung der titulierten Unterlassungsverpflichtung erfolgt gem. § 890 ZPO durch Androhung bzw. Verurteilung zu Ordnungsgeld oder Ordnungshaft für jeden Fall der Zuwiderhandlung (→ § 3 Rdn 75). Lä...