Rz. 6
Gewerbliche Nutzung von Wohnungen.
Unzulässig: Prostitution; Arztpraxen mit erheblichem Besucherverkehr. Der Betrieb eines Wohnheims (Altenpflege oder Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbewerbern in einer Gemeinschaftsunterkunft) ist keine Wohnnutzung und deshalb nur in einem Teileigentum zulässig.
Zulässig: Kindertagespflege bzw. Tagesmutter (str.), denn es ist die in das Wohnungseigentumsrecht ausstrahlende Wertung des § 22 Abs. 1a BImSchG zu berücksichtigen, wonach Kinderlärm regelmäßig nicht als "schädliche Umwelteinwirkung" qualifiziert werden darf (→ auch § 3 Rdn 10 "Eltern-Kind-Zentrum"); berufliche Tätigkeit, die nicht nach außen in Erscheinung tritt ("Homeoffice"), aber auch der Betrieb von Praxen ohne allzu viel Besucherverkehr wie Architektur- oder Steuerberaterbüro, psychologische (Einzel-)Praxis, Naturheilpraxis oder Rechtsanwaltskanzlei; bei zulässiger Nutzung müssen die Miteigentümer ein Praxisschild in angemessener Größe am Haus- und Wohnungseingang dulden (→ auch § 4 Rdn 102); Vermietung, auch an (ggf. häufig, womöglich täglich) wechselnde Nutzer, also z.B. als Ferienwohnung, Pension, Monteurswohnung, "Boarding-House" oder (bei Vermietung an eine Kommune) zur Unterbringung von Flüchtlingen. Mag die Überlassung einer Wohnung an ständig wechselnde Nutzer auch wohnungseigentumsrechtlich zulässig sein, sieht es öffentlich-rechtlich doch anders aus: es liegt eine baurechtlich genehmigungspflichtige Nutzungsänderung sowie eine Zweckentfremdung von Wohnraum vor; gegen die Zweckentfremdung kann eine Gemeinde vorgehen, sofern ein kommunales Zweckentfremdungsverbot existiert.
Rz. 7
Wohnen in nicht dazu bestimmten (Neben-)Räumen. Nach der Rechtsprechung beinhaltet die Wohnnutzung von Räumlichkeiten, die nicht für den ständigen Aufenthalt von Menschen bestimmt sind, per se eine Störung der anderen Miteigentümer, weil damit typischerweise eine intensivere Nutzung und damit einhergehend eine erhöhte Aus- und Abnutzung des Gemeinschaftseigentums verbunden ist. Nicht zum Wohnen bestimmt sind die Nebenräume einer Wohnung ("unselbstständiges Teileigentum"). So ist das Wohnen im Hobbyraum oder Kellerraum unzulässig. Wohnnutzung liegt aber nur vor, wenn die Räume zum Mittelpunkt der Lebensführung gemacht werden. Das soll nicht der Fall sein, wenn Räume nur gelegentlich (etwa als Gästezimmer) zum Aufenthalt und Schlafen genutzt werden; der Einbau sanitärer Einrichtungen soll deshalb nicht von vornherein unzulässig sein. Für Dachboden (Bodenraum), Speicher oder Bühne (dazu auch → § 4 Rdn 67) gilt Entsprechendes: Unzulässig ist jede Nutzung, die mit dem dauernden Aufenthalt von Menschen verbunden ist, insbesondere die Wohnnutzung, aber auch die Nutzung als Ferienwohnung, Gästezimmer, Büro oder Gewerberaum. Zulässig ist demgegenüber die Nutzung eines Dachbodens als Abstellraum, Wäschetrockenbereich, u.U. Hobbyraum mit sanitären Einrichtungen.
Rz. 8
Wohnnutzung von Teileigentum bzw. von "nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen" (ohne nähere Zweckbestimmung) ist zwar im Ausgangspunkt unzulässig, angesichts der weiten Bandbreite der möglichen Nutzungen von nicht näher definiertem Teileigentum → § 3 Rdn 10) im Ergebnis aber trotzdem zulässig, wenn bzw. weil die Wohnnutzung nicht mehr stört als eine der vielen zulässigen anderen (gewerblichen) Nutzungen. Es kommt auf den Einzelfall an: Erforderlich ist ein Vergleich der Auswirkungen der erlaubten einerseits und der tatsächlichen Nutzung andererseits. Dazu ist im Streitfall der den Gebrauch nach Art und Folgen (z.B. die zu erwartende Besucherfrequenz und Besucherstruktur) zu konkretisieren und zu den örtlichen Gegebenheiten (Umfeld, Lage der Räume im Gebäude, Nutzungszweck der übrigen Einheiten) und den zeitlichen Verhältnissen (z.B. Öffnungszeiten) in Bezug zu setzen. Wenn es sich bspw. um ein reines Geschäftshaus handelt, stört die Wohnnutzung typischerweise mehr als die gewerbliche Nutzung.
Rz. 9
Sonstige Nutzung von Teileigentum (insbesondere von Gewerbeflächen). Zur Art der zulässigen Nutzung von Teileigentum gibt es eine Fülle von Einzelfallrechtsprechung, wobei zwecks Wortlaut-Auslegung des jeweiligen (in der Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung festgeschriebenen) Bestimmungszwecks nicht selten die gängigen deutschen Wörterbücher herangezogen werden.
Rz. 10
Bei den folgenden Beispielen ist jeweils der Bestimmungszweck der Räumlichkeiten vorangestellt.
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Büro. Zulässig: Zahnarztpraxis als Einzel- und Bestellpraxis; Arztpraxis. |
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Café/Konditorei. Unzulässig: Griechisches Spezialitätenrestaurant. |
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Café mit Schnellimbiss. Unzulässig: Versammlungsstätte eines ausländischen Kulturvereins. |
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Nutzung zur Ausübung freiberuflicher Tätigkeit. Zulässig sind die "klassischen" Freiberufe wie Arzt, Rechtsanwalt, Steuerberater, Architekt, aber auch Gewerbe, das sich von freiberuflicher Tätigkeit nicht nennenswert unterscheidet. |
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Gaststätte. Unzulässig: Shiha Bar. |