Rz. 63
Ruhestörungen sind der praktisch häufigste Fall "innerhäuslicher Probleme" und werden hier deshalb gesondert erörtert. Zwar sind gewisse Wohngeräusche von den Miteigentümern hinzunehmen, weil und soweit sie auch bei einem "geordneten Zusammenleben" i.S.v. § 14 Abs. 1 Nr. 2 WEG üblich und unvermeidlich sind; aber was darüber hinausgeht, ist gem. § 14 Abs. 2 Nr. 1 WEG zu unterlassen. Eine nicht mehr hinzunehmende Störung liegt z.B. vor, wenn in einer Wohnung mit harten Absätzen (z.B. "High Heels") auf dem nicht dämpfenden Boden gelaufen wird oder wenn ein auf der Dachterrasse aufgestellter Whirlpool einen ausdauernden Brummton verursacht. Auch psychisch Kranke dürfen keinen unzumutbaren Lärm (z.B. Geschrei) verursachen. Kinderlärm ist i.d.R. hinzunehmen (→ § 3 Rdn 12, Stichwort "Kindertagespflege"), jedoch gibt es auch hier Grenzen: Geschrei, laute Musik und Partylärm, Springen und Trampeln auf der Treppe, Möbelrücken und Türenknallen gehen zu weit, wenn es sich um wiederholte Vorgänge einigen Gewichts und/oder nicht unerheblichen Ausmaßes und/oder einiger Dauer handelt. Ob die Hausordnung Ruhestörungen wirksam untersagt (was häufig wegen Unbestimmtheit nicht der Fall sein wird) ist nicht entscheidend, denn vermeidbare Ruhestörungen sind schon nach § 14 Nr. 1 WEG zu unterlassen.
Rz. 64
Der Gestörte muss im Streitfall, also im Zuge einer Unterlassungsklage, nachweisen, dass es sich bei den Störungen um solche handelt, die mit dem "geordneten Zusammenleben" nicht zu vereinbaren sind, mithin um wiederholte Vorgänge einigen Gewichts. Anders als bei Störungen nach einem Umbau im Bereich des Sondereigentums (→ § 4 Rdn 60) kommt es nicht darauf an, ob bestimmte technische Richtwerte (z.B. TA Lärm oder DIN 4109) überschritten werden; entscheidend ist vielmehr, ob die Störungen von einem verständigen Durchschnittsmenschen lästig und als unzumutbar empfunden werden. Dazu ist substantiierter Vortrag erforderlich. Ein Lärmprotokoll ist dafür zwar nicht zwingend nötig; bei wiederkehrenden gleichartigen Störungen genügt vielmehr eine Beschreibung der Art der Störungen und die Angabe, zu welchen Tageszeiten, über welche Zeitdauer und in welcher Frequenz diese ungefähr auftreten. Trotzdem ist eine gründliche Dokumentation immer noch das Sicherste, mag auch die Protokollführung noch so "kleinkariert" erscheinen. Das Gericht muss sodann durch Zeugenaussagen oder aufgrund eigener Wahrnehmung bei einem Ortstermin vom Vorliegen und von der Unzumutbarkeit der Störungen überzeugt werden. Dass der Störer bei einem solchen Ortstermin darauf bedacht sein wird, die jeweils streitigen Tätigkeiten entgegen sonstiger Praxis möglichst leise vorzunehmen, liegt auf der Hand. Der Kläger hat also häufig einen langen und mühsamen Weg bis zum Unterlassungstitel vor sich.