Detlef Burhoff, Dr. Holger Niehaus
Rz. 304
In der Praxis ist die Aufklärungsrüge von erheblicher Bedeutung. Mit ihr wird der Verstoß gegen die aus § 244 Abs. 2 folgende Aufklärungspflicht des Gerichts (auch Burhoff/Burhoff, HV, Rn 422 ff.) geltend gemacht. Die Begründungserfordernisse sind bei der Aufklärungsrüge besonders hoch und werden vielfach nicht erfüllt (vgl. zur Begründung der Aufklärungsrüge auch Burhoff, StV 1997, 432, 437; Burhoff/Kotz/Junker, RM, Teil A Rn 2329 ff.; Burhoff/Junker, OWi, Rn 3168 f.).
Rz. 305
Es genügt zur Begründung der Aufklärungsrüge nicht, ganz allgemein zu rügen, die Sache sei nicht genügend aufgeklärt worden oder lediglich zu beanstanden, dass z.B. eine Ortsbesichtigung nicht stattgefunden habe. Die Aufklärungsrüge ist vielmehr darauf gerichtet, dass das Gericht ein bestimmtes Beweismittel nicht benutzt hat, obwohl sich ihm die Notwendigkeit hierzu hätte aufdrängen müssen, und dass die Benutzung dieses Beweismittels zu einem anderen konkreten Beweisergebnis geführt hätte (vgl. das Beispiel einer zulässigen Aufklärungsrüge bei OLG Hamm, StV 2008, 570 und einer unzulässigen in BGH, NStZ 2009, 468).
Rz. 306
Dementsprechend muss zur Begründung mit der Verfahrensrüge vorgetragen werden (vgl. Burhoff/Kotz/Junker, RM, Teil A Rn 2329 ff. m.w.N.; Burhoff/Burhoff, HV, Rn 2785 ff.; BGHSt 27, 250, 252):
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die konkrete Schilderung der Beweisfrage, um die es geht, |
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damit zusammenhängend die Angabe, auf welche Beweismittel das Gericht sich in seinem Urteil dazu gestützt hat, |
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die konkrete Bezeichnung des Beweismittels, das aus der Sicht des Beschwerdeführers hätte benutzt werden müssen und nicht benutzt worden ist sowie |
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damit zusammenhängend die konkrete Angabe dessen, was die Benutzung dieses Beweismittels erbracht hätte (so konkret und bestimmt wie bei der Fassung des Beweisthemas in einem Beweisantrag), |
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schließlich die bestimmte Behauptung des mutmaßlichen Beweisergebnisses und die daraus resultierenden günstigen Auswirkungen für den Betroffenen, |
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die Umstände, aufgrund derer sich das Gericht hätte gedrängt sehen müssen, von dem infrage stehenden Beweismittel Gebrauch zu machen und ggf., warum in der HV keine entsprechenden Beweisanträge gestellt worden sind. |
Hinweis
Gerade, wenn der Verteidiger in der Hauptverhandlung keinen entsprechenden Beweisantrag gestellt hat, muss er zu diesem Punkt – ausreichend – vortragen. Das gilt besonders deshalb, weil die Aufklärungsrüge eben nicht das Mittel ist, um vom Verteidiger in der Tatsacheninstanz – durch Unterlassen von Beweisanträgen, Beweisanregungen u.a.m. – begangene Fehler zu reparieren. Das wird aber leider immer wieder verkannt.