Detlef Burhoff, Dr. Holger Niehaus
a) Allgemeine Feststellungen
Rz. 117
Bei den übrigen Messverfahren handelt es sich nicht um standardisierte Messverfahren (vgl. Burhoff, VA 2003, 165; OLG Hamm, VA 2003, 107; zfs 2009, 470; DAR 2009, 156 = VRR 2009, 195). Demgemäß sind folgende (allgemeine) Feststellungen erforderlich (auch Burhoff/Gieg, OWi, Rn 164 ff.):
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Der Tatrichter muss zunächst mitteilen, nach welchem Verfahren Abstand und Geschwindigkeit gemessen worden sind (vgl. u.a. OLG Hamm, VA 2003, 107; zfs 2009, 470; DAR 2009, 156 = VRR 2009, 195). |
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Die tatsächlichen Grundlagen der Geschwindigkeitsfeststellung müssen mitgeteilt werden (vgl. u.a. OLG Köln, DAR 1983, 364). |
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Die nicht nur ganz vorübergehende Unterschreitung des Abstandes muss dargelegt werden und warum dieser zu gering war (OLG Hamm, VRS 51, 302; OLG Koblenz, zfs 2007, 589; Burhoff, VA 2003, 165). Da die Unterschreitung des Sicherheitsabstands grds. nur ordnungswidrig ist, wenn sie nicht nur ganz vorübergehend geschieht, müssen daher i.d.R. auch Feststellungen dazu getroffen werden, dass der Abstand während des Messvorgangs keine wesentlichen Veränderungen durch Abbremsen des vorausfahrenden oder Einscheren eines anderen Fahrzeugs erfahren hat (vgl. OLG Köln, VRS 66, 463, 465). Geringfügige, nach der Lebenserfahrung regelmäßig auftretende, mit keinem der eingesetzten Messverfahren exakt fassbare und deshalb nie ausschließbare Abstandsschwankungen sind unbeachtlich (OLG Koblenz, VA 2000, 156). Bei einer beträchtlichen Unterschreitung des Sicherheitsabstands i.S.d. § 4 Abs. 1 S. 1 StVO können allerdings im Einzelfall nähere Feststellungen dazu entbehrlich sein, dass sich der Abstand zwischen dem Fahrzeug des Betroffenen und dem vorausfahrenden Fahrzeug nicht wesentlich verändert hat (auch OLG Oldenburg, VRS 67, 54). |
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Benannt werden muss das Messergebnis, und zwar sowohl hinsichtlich der Geschwindigkeit als auch hinsichtlich des Abstandes. |
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Es müssen Angaben zum Toleranzabzug enthalten sein. |
b) Besonderheiten bei den einzelnen Messverfahren
Rz. 118
Darüber hinaus gilt (auch Burhoff/Gieg/Krenberger, OWi, Rn 150 ff.):
aa) Police-Pilot-System
Rz. 119
Das PPS ist für die Abstandsmessung kein standardisiertes Messverfahren (OLG Celle, VRS 81, 210; OLG Düsseldorf, VRR 99, 133, 135; OLG Hamm, VA 2003, 107; zfs 2009, 470; DAR 2009, 156 = VRR 2009, 195), da es den Tatrichter nur in die Lage versetzt, die Beobachtungen der Polizeibeamten im Wege des Augenscheinbeweises unmittelbar und in Anwesenheit der Prozessbeteiligten im Gerichtssaal nachzuvollziehen, insb. also Abstände zwischen Fahrzeugen anhand der bei der Videoprojektion erkennbaren Fixpunkte zuverlässig zu berechnen. Da die Abstände – anders als die Geschwindigkeiten – nicht elektronisch gemessen, sondern unter Auswertung des Videobandes errechnet werden, genügt im Urteil daher nicht die Bezeichnung des Verfahrens. Vielmehr müssen die Auswertung und die Berechnung, um eine Überprüfung zu ermöglichen, in den Urteilsgründen verständlich und widerspruchsfrei dargelegt werden (OLG Hamm, a.a.O.).
bb) Abstandsmessung durch Nachfahren
Rz. 120
Bei einer durch Nachfahren festgestellten Abstandsunterschreitung gilt:
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Es muss sich aus dem tatrichterlichen Urteil ergeben, über welche Strecke sich das Messfahrzeug schräg versetzt auf dem rechten Fahrbahnstreifen hinter dem Fahrzeug des Betroffenen befunden hat (OLG Düsseldorf, VRS 103, 305 = NZV 2002, 519; OLG Hamm, VA 2001, 58; VRS 110, 281 = zfs 2006, 351 = DAR 2006, 338; dazu Krumm, NZV 2004, 377; und Burhoff/Gieg, OWi, Rn 166). |
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Das Urteil muss erkennen lassen, ob es sich um ein Vorausfahren (dazu Rdn 28) oder Nachfahren gehandelt hat. |
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Festgestellt werden muss, ob der eingesetzte Polizeibeamte in der Abstandsmessung geübt bzw. geschult ist/war. HinweisDer Amtsrichter muss sich von den Fähigkeiten der Polizeibeamten hinsichtlich Abstandsschätzungen im fließenden Verkehr "in hinreichendem Maße" überzeugen (OLG Hamm, VRS 110, 281 = zfs 2006, 351 = DAR 2006, 338). Dazu muss der Richter den Polizisten befragen, über welche Erfahrungen er diesbezüglich verfügt und welche Schulungen, aber auch Nachschulungen, er bereits absolviert hat (OLG Düsseldorf, VRS 103, 305 = NZV 2002, 519; zu "alten" Schulungsnachweisen – für die Geschwindigkeitsüberschreitung – s. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 14.7.2014 – 1 RBs 50/14, insoweit nicht in OLG Düsseldorf, VRR 2014, 392 = VA 2014, 193). Dazu sind dann auch im Urteil Feststellungen zu treffen (OLG Düsseldorf, a.a.O.; zu Schulungsnachweisen Golder, VRR 2012, 377). |
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Die Witterungssituation/Tageszeit ist darzulegen, damit ggf. erhöhte Darlegungsanforderungen bei Feststellungen zur Nachtzeit festgestellt werden können. |
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Festgestellt werden muss die ununterbrochene Beobachtung der Abstandsstrecke und der Geschwindigkeit, was insb. bei allein fahrendem Polizeibeamten schwierig ist (Burhoff/Gieg/Krenberger, OWi, Rn 166). |
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Angegeben werden muss die abgelesene Geschwindigkeit; erforderlich sind weiter Angaben hinsichtlich der Eichung bzw. Justierung des Tachometers des Polizeifahrzeugs; fehlen diese, ist von fehlender Eichung/Justierung mit höheren Toleranzabzügen auszugehen. |
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Schließlich ist die Messstrec... |