Detlef Burhoff, Dr. Holger Niehaus
Rz. 289
Die Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde beträgt nach § 345 Abs. 1 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 OWiG einen Monat (zur Begründungsfrist Burhoff/Kotz/Junker, RM, Teil A Rn 1139 ff.; Burhoff/Junker, OWi, Rn 3103 ff.; Burhoff/Burhoff, HV, Rn 2705 ff. für die Revision). Die Frist beginnt i.d.R. mit der wirksamen Zustellung des angefochtenen Urteils zu laufen. Für den bei der Urteilsverkündung abwesenden Angeklagten beginnt die Frist gem. § 345 Abs. 1 S. 1 StPO erst nach Ablauf der Frist zur Einlegung der Rechtsbeschwerde zu laufen (OLG Bamberg, StRR 2007, 82 m.w.N. auch zur a.A.; auch Burhoff/Kotz/Junker, RM, Teil A Rn 1139). Bei Zustellung an mehrere Empfangsberechtigte, z.B. mehrere Verteidiger, ist nach § 37 Abs. 2 StPO die letzte Zustellung maßgebend, was u.U. zu einer Fristverlängerung führen kann. War die Einlegungsfrist versäumt und hatte ein Wiedereinsetzungsantrag oder ein Antrag nach § 346 Abs. 2 StPO Erfolg, beginnt die Begründungsfrist mit der Zustellung des entsprechenden Beschlusses, falls dem Beschwerdeführer inzwischen das Urteil wirksam zugestellt worden ist (BGH, NJW 1982, 532, 533; zu Verteidigungsansätze im Zusammenhang mit der Zustellung gerichtlicher Entscheidungen s. Kotz, StRR 2013, 4 ff.; 44 ff.; 84 ff.; 124 ff.; zur Zustellung a. Burhoff/Burhoff, OWi, Rn 4300 ff.).
Hinweis
Wird die Frist zur Begründung versäumt, kann, wenn die Rechtsbeschwerde als unzulässig verworfen wird, nach § 346 Abs. 2 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 OWiG Antrag auf Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts gestellt oder Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt werden (vgl. zu diesem Antrag Rdn 224).
Rz. 290
Die Rechtsbeschwerdebegründungsfrist wird nur durch eine wirksame Zustellung des angefochtenen Urteils in Lauf gesetzt. Für die Zustellung gelten die allgemeinen Regeln (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, Anm. zu § 37 m.w.N. und Burhoff/Burhoff, OWi, Rn 4300 ff.; Burhoff/Kotz/Kotz, RM, Teil A Rn 1845 ff.). Die Begründungsfrist beginnt erst mit der Zustellung des vollständigen Urteils (dazu u.a. BGH, NJW 1978, 60; MDR 1980, 842; OLG Düsseldorf, JMBl. NW 1982, 139). Die Frist beginnt nicht, wenn die Zustellung vor Fertigstellung des Sitzungsprotokolls erfolgt, wenn dieses z.B. erst später vom Vorsitzenden unterschrieben wird (im Einzelnen Meyer-Goßner/Schmitt, § 273 Rn 34 m.w.N.) oder wenn eine vom Original abweichende, fehlerhafte oder verstümmelte Ausfertigung zugestellt wird, sofern der Fehler nicht nur unwesentliche Einzelheiten betrifft (BGH, StV 1981, 170). Wird ein zulässiger Berichtigungsbeschluss erlassen, tritt an die Stelle der Urteilszustellung dessen Zustellung (BGHSt 12, 374 = NJW 1959, 899; NStZ 1991, 195).
Rz. 291
Die Rechtsbeschwerdebegründung muss bei dem Gericht, dessen Urteil angefochten wird, angebracht werden. Der Verteidiger muss beachten, dass die Begründungsschrift vor Ablauf der Frist bei Gericht eingegangen sein muss.
Hinweis
Eine Verlängerung der Rechtsbeschwerdebegründungsfrist gibt es im Bußgeldverfahren, ebenso wie im Strafverfahren – im Gegensatz zu allen anderen Verfahrensordnungen – nicht (BGH, NStZ 1988, 20; NStZ-RR 2017, 148; OLG Düsseldorf, NStZ 1984, 91). Erfolgt sie dennoch, ist sie unwirksam (Meyer-Goßner/Schmitt, § 345 Rn 2). Geht der Betroffene von der Wirksamkeit dieser Verlängerung aus und führt das zur Fristversäumung, trifft ihn i.d.R. daran kein Verschulden (§ 44 StPO) und es ist im Zweifel Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (BGH, a.a.O.).