Detlef Burhoff, Dr. Holger Niehaus
Rz. 213
Für eine prozessordnungsgemäße Verweisung i.S.d. § 267 Abs. 1 S. 3 StPO gilt, dass es nicht ausreichend ist, wenn der Amtsrichter im Urteil nur mitteilt, dass das entsprechende Lichtbild in Augenschein genommen und ggf. mit dem in der Hauptverhandlung anwesenden Betroffenen verglichen worden ist (st.Rspr. der OLG, vgl. zuletzt OLG Bamberg, NZV 2008, 166 = DAR 2008, 348; NZV 2008, 211 = VRS 114, 285; NZV 2008, 469; OLG Düsseldorf, NZV 2007, 254 = VRS 112, 43 = VRR 2007, 194; OLG Hamm, Beschl. v. 22.6.2021 – III-4 RVs 40/21; auch noch OLG Brandenburg, NStZ-RR 1998, 240; OLG Dresden, DAR 2000, 279; OLG Düsseldorf, VRR 2013, 393; OLG Hamm, NStZ-RR 1998, 238 = VRS 95, 232 m.w.N.; OLG Köln, NJW 2004, 3274 m.w.N.), etwa durch die Formulierung: "Aufgrund des Vergleichs des Betroffenen mit den vom Gericht in Augenschein genommenen Foto, Bl. 6 d.A., stand zur Überzeugung des Gerichts zweifelsfrei fest, dass der Betroffene zum Tatzeitpunkt Fahrer des Fahrzeugs war" (ständige Rechtsprechung, vgl. u.a. OLG Düsseldorf, zfs 2004, 337; OLG Hamm, VA 2004, 175; ähnlich OLG Hamm, VA 2008, 33 = VRS 113, 432; OLG Düsseldorf, VRR 2013, 393). Mit diesen Ausführungen wird nämlich nur der Beweiserhebungsvorgang beschrieben (s. dazu auch aus neuerer Zeit KG, VRS 131, 97 = VA 2017, 141 und § 3 Rdn 215). Durch sie wird aber nicht deutlich, dass das Lichtbild zum Gegenstand des Urteils gemacht worden ist. Das ist jedoch Voraussetzung zur Anwendung der Rechtsprechung des BGH (BGHSt 41, 376). Auch nicht ausreichend ist die Formulierung "Verwertung des Passfotos Blatt 8 der Akten" bzw. "der Verwertung des von dem Zeugen B. überreichten Hochglanzfotos" (OLG Hamm, VA 2008, 16 = VRR 2008, 76; auch noch OLG Hamm, VA 2008, 33 = VRS 113, 432 [Inaugenscheinnahme und Hinweis auf den Fundort der Lichtbilder in der Akte nicht ausreichend]) oder die bloße Mitteilung der Fundstelle in der Akte (BGH, StraFo 2016, 155 = NStZ-RR 2016, 178; OLG Bamberg, NZV 2008, 211 = VRS 114, 285; OLG Celle, StraFo 2010, 247 = NZV 2010, 363; OLG Koblenz, VA 2010, 13 = NZV 2010, 212 [Blattzahl]) oder der bloße Hinweis darauf, die Betroffene sei "auf dem vom Geschwindigkeitsverstoß gefertigten Beweisfoto vom Gericht erkannt" worden (OLG Hamm, Beschl. v. 2.4.2013 – 5 RBs 33/13; vgl. i.Ü. die Zusammenstellung bei Burhoff/Gübner, OWi, Rn 2673 f. und auch Huckenbeck/Krumm, NZV 2017, 453 f.).
Hinweis
Erforderlich ist daher – und darauf ist zu achten –, dass aus den Ausführungen des AG erkennbar wird, dass der Amtsrichter das Foto inhaltlich zum Gegenstand der Urteilsgründe machen will.
Rz. 214
Die Bezugnahme muss dazu so beschaffen sein, dass kein Zweifel daran besteht, dass das Lichtbild Bestandteil der Urteilsgründe sein soll (BGHSt 41, 376; BGH, StraFo 2016, 155 = NStZ-RR 2016, 178 VRR 7/2016, 15; BayObLG, Beschl. v. 18.2.2021 – 202 ObOWi 15/21; OLG Bamberg, NZV 2008, 166 = DAR 2008, 348; 2008, 211; OLG Dresden, DAR 2000, 279; OLG Düsseldorf, zfs 2004, 338; OLG Hamm, DAR 2005, 165 = VRS 108, 27 = NZV 2005, 208; Beschl. v. 28.52020 – III-4 RBs 191/20; OLG Jena, NZV 2008, 165 = zfs 2008, 411; s.a. noch § 3 Rdn 215). I.d.R. wird der Tatrichter dazu den Gesetzeswortlaut verwenden, erforderlich ist das aber nicht (BayObLG, a.a.O.; OLG Hamm, a.a.O.; OLG Düsseldorf, NZV 2007, 254 = VRS 112, 43 = VRR 2007, 194; auch noch OLG Köln, Beschl. v. 14.3.2007 – 82 Ss-OWi 17/07 – 66 B). Unter Berücksichtigung des Regelungsgehalts des § 267 Abs. 1 S. 3 StPO und der in der Rechtsprechung des BGH erkennbaren Tendenz, die Anforderungen an die Begründung (verkehrs-)bußgeldrechtlicher Entscheidungen zu reduzieren, lassen die Obergerichte aber auch jede andere Form der Verweisung ausreichen, solange sich ihr eindeutig entnehmen lässt, dass nicht nur der Beweiserhebungsvorgang beschrieben werden, sondern durch die entsprechenden Ausführungen das Lichtbild zum Bestandteil der Urteilsurkunde gemacht werden soll (BGH, StraFo 2016, 155 = NStZ-RR 2016, 178; BayObLG, Beschl. v. 18.2.2021 – 202 ObOWi 15/21; OLG Hamm, a.a.O., m.w.N.). Befindet sich nur ein Foto in der Akte, ist für eine ordnungsgemäße Verweisung die Angabe der Blattzahl, an der sich dieses Foto befindet, nicht erforderlich (OLG Hamm, NZV 1998, 170 = VRS 94, 348). Allein die Angabe der Blattzahl reicht i.Ü. aber für eine ordnungsgemäße Verweisung jedoch nicht aus (OLG Bamberg, NZV 2008, 211 = VRS 114, 285; OLG Celle, StraFo 2010, 247 = NZV 2010, 363; OLG Düsseldorf, zfs 2004, 337 f.; OLG Koblenz, VA 2010, 13 = NZV 2010, 212; ähnlich OLG Frankfurt am Main, NStZ-RR 2008, 322 = VA 2008, 213 für zwei Lichtbilder).
Hinweis
Bezug genommen werden muss natürlich auf ein von dem fraglichen Verkehrsverstoß gefertigtes Lichtbild. Wird auf ein anderes, z.B. auf ein bei einem früheren Verkehrsverstoß gefertigtes und von der damaligen Bußgeldbehörde übersandtes Lichtbild, Bezug genommen, reicht das zur Beweiswürdigung nicht aus und kann – und muss – vom Betroffenen in der Rechtsbeschwerde mit der Aufklärungsrüge nach § 244 Abs. 2 StPO gerügt werden (...