Detlef Burhoff, Dr. Holger Niehaus
Rz. 52
In der Diskussion ist vor einiger Zeit vor allem und immer noch/wieder PoliScanSpeed, ein lasergestütztes Messverfahren (dazu § 1 Rdn 845 ff.; Golder, VRR 2013, 17 ff., 50 ff., 92 ff.; 136 ff.; Schmedding, VRR 2009, 293 ff.; VRR 2009, 337 ff.; Winninghoff/Weyde/Hahn/Wietschorke DAR 2010, 106; Kirchmann, VRR 2010, 209; Deutscher, VRR 2013, 7, 8; Geißler, DAR 2014, 717, 719; Schäfer/Grün, VRR 2014, 14, 92, 177, 369, 377; Blad, DAR 2017, 290; Schmedding, DAR 2017, 229; Smykowski, NZV 2018, 358; Burhoff/Burhoff, OWi, Rn 2182 ff.; zur Überprüfung dieses Messvorgangs aus der Bußgeldakte heraus Kirchmann, VRR 2010, 209 ff.).
Hinweis
Wichtig ist bei diesem Messverfahren, dass bei einem Antrag auf Zurverfügungstellung der Messdaten außer der eigentlichen Falldatei auch die Token-Datei sowie das dazugehörige Passwort bei der Behörde angefordert werden, da der Sachverständige ansonsten die Falldatei nicht mit seiner Software öffnen und auswerten kann.
Für das Messgerät Poliscan Speed wird nach Auffassung der Rspr. (inzwischen) nach § 62 Abs. 2 S. 1 MessEG unwiderleglich vermutet, dass die Bauart die für diese Messgeräte geltenden wesentlichen Anforderungen im Sinne des § 6 Abs. 2 MessEG bis spätestens 31.12.2024 einhält (AG Castrop-Rauxel, VRS 131, 144 = VA 2017, 126).
Rz. 53
Inzwischen geht die obergerichtliche Rechtsprechung (vgl. u.a. KG, VRR 2010, 151 = VA 2010, 82 = DAR 2010, 331 = NZV 2010, 311 [Ls.], OLG Düsseldorf, VRR 2010, 116 = VA 2010, 64; OLG Frankfurt am Main, VRR 2010, 203 [Ls.] = VA 2010, 138; DAR 2015, 149 = VA 2015, 101; vgl. wegen weiterer Nachw. u. Nachw. zur a.A. der AG in der Tabelle bei Rdn 51) aber einhellig davon aus, dass das Verfahren als standardisiertes Verfahren anzusehen ist; und zwar auch, wenn bei der Geschwindigkeitsmessung außerhalb des Messbereichs liegende Messpunkte berücksichtigt werden (KG, VRS 131, 308; OLG Bamberg VA 2018, 10; OLG Hamm VA 2017, 196; OLG Karlsruhe zfs 2017, 532 = VRR 7/2017, 22 = VA 2017, 143; OLG Saarbrücken, NZV 2017, 393; KG, Beschl. v. 21.6.17 – 3 Ws (B) 156/17; OLG Zweibrücken, zfs 2017, 172 = DAR 2017, 211) oder die Messung aus einem sog. Enforcement Trailer erfolgt (OLG Bamberg, NStZ-RR 2019, 158; zum Enforcement Trailer aber OLG Frankfurt am Main, DAR 2019, 160 = zfs 2019, 291 = VRR 3/2019, 20; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 14.4.2020 – 1 OWi 2 Ss Bs 12/20, zfs 2020, 350). Dennoch muss sich der Verteidiger mit der von Sachverständiger Seite immer noch diskutierte Fehleranfälligkeit des Gerätes befassen und Messfehler bzw. die Unverwertbarkeit geltend machen (dazu Schmedding VRR 2009, 293 ff., 2009, 337 ff.; Wittinghoff/Weyde/Hahn/Wietschorke DAR 2010, 106; Kirchmann, VRR 2010, 209; Löhle, DAR 2011, 738; Bladt, DAR 2011, 754; Golder, VRR 2013, 17 ff.; 50 ff.; 92 ff.; 136 ff.; Schäfer/Grün, VRR 2014, 14, 92, 177, 369, 377; Smykowski NZV 2018, 358).
Hinweis
Dabei kann die Argumentation einiger AG (vgl. AG Aachen VRR 2013, 113 = VA 2013, 68 = DAR 2013, 218; AG Berlin-Tiergarten VA 2013, 154 = VRR 2013, 358 = DAR 2013, 589; DAR 2014, 406; AG Dillenburg DAR 2009, 715 m. Anm. Knapp = VRR 2010, 38 = VA 2009, 149; AG Herford DAR 2013, 399; VRR 2010, 38 = VA 2010, 14; AG Hoyerswerda, Beschl. v. 15.12.2016 – 8 OWi 630 Js 5977/16; AG Jena, Beschl. v. 17.1.2017 – 260 Js 29690/16; AG Mannheim NStZ-RR 2010, 154 [Ls.] = NZV 2010, 364 [Ls.]; zfs 2017, 114 = DAR 2017, 213; AG Königs Wusterhausen VRR 2013, 443 [Ls.]) eine Hilfe sein. Diese gehen mit m.E. guten Argumenten davon aus, dass die Messungen wegen mangelnder Überprüfbarkeit durch das Gericht als unverwertbar anzusehen sind (s. Rn 59 ff.; auch § 1 Rdn 845 ff. und noch Burhoff/Burhoff, OWi, Rn 2318).
Rz. 54
In der Rspr. ist das OLG Karlsruhe – aufgrund eines im Rechtsbeschwerdeverfahren eingeholten SV-Gutachtens – der Ansicht (gewesen), dass bei der Anwendung des PoliScan-Speed-Messverfahrens eine verlässliche Geschwindigkeitsmessung auch allein auf den sog. Smear-Effekt gestützt werden kann. Voraussetzung einer verlässlichen und verwertbaren Berechnung der Geschwindigkeit, auch im Hinblick auf die konkret zugrunde liegenden Toleranzen, ist jedoch eine in jedem Einzelfall durchzuführende sachverständige Überprüfung des Messvorgangs, in welcher, wie oben dargelegt, unter anderem die konkrete Zeilenauslesezeit, die Aufstellhöhe der Kamera und der Aufstellwinkel der Kamera sowohl bezogen auf die Fahrbahnoberfläche als auch auf das fotografierte Objekt konkret ermittelt und einbezogen werden müssen (OLG Karlsruhe, VRR 2014, 394 = VA 2014, 192 = DAR 2014, 598 = NStZ-RR 2014, 352; abl. Deutscher in der Anm. zu OLG Karlsruhe, a.a.O.).
Rz. 55
Die Rspr. der OLG ist zudem der Auffassung, dass dann, wenn in die Geschwindigkeitsmessung mit PoliScan Speed Einzelmessungen einfließen, deren Ortskoordinaten geringfügig außerhalb des von PTB zugelassenen Messbereichs liegen, dies für sich genommen grds. nicht dazu führt, nicht (mehr) von einem standardisierten Messverfahren auszugehen, und die Notwendigkeit begründet, die Messung durc...