Rz. 4

Der Verteidiger muss sich bei der Verteidigung im OWi-Verfahren vorab folgende allgemeine Punkte bewusst machen:

Die Verteidigung im OWi-Verfahren ist gerade auch im Bereich der Geschwindigkeits- und Rotlichtverstöße, der Abstandsunterschreitungen und der Trunkenheitsfahrten im Hinblick auf ein ggf. drohendes Fahrverbot wegen der Erfordernisse der Angemessenheit und Erforderlichkeit eine Verteidigung auf Zeit. Nach Möglichkeit muss ein "langer Zeitraum" zwischen Tat und Urteil liegen (dazu eingehend Burhoff/Deutscher, OWi, Rn 1491 ff.).
Die Verteidigung im OWi-Verfahren beginnt nicht erst in der Rechtsbeschwerde beim OLG. Dieses ist an die vom AG getroffenen tatsächlichen Voraussetzungen gebunden, und zwar sowohl hinsichtlich des Schuldspruchs als auch hinsichtlich der festgesetzten Rechtsfolgen. Dieser Punkt hat in der letzten Zeit in Zusammenhang mit der (neu) entfachten Diskussion um das sog. standardisierte Messverfahren und seine Auswirkungen im Verfahren an Bedeutung gewonnen.

Die Verteidigung im OWi-Verfahren durchläuft fünf Stufen:

1. Prüfung der Messung (dazu § 1 Rdn 1 ff.) und – beim bestreitenden Mandanten – der Frage, ob dieser als Täter/Fahrer zum Vorfallszeitpunkt identifiziert werden kann (dazu § 2 Rdn 1 ff. und nachfolgend Rdn 205 ff.; auch noch Bellmann, StRR 2011, 419; dies., StRR 2011, 463; dies., StRR 2012, 18).
2. Prüfung des Bußgeldbescheides im Hinblick auf seine Wirksamkeit (dazu eingehend Burhoff/Burhoff, OWi, Rn 720 ff.). Die Frage hat für die Unterbrechung der Verjährung erhebliche Bedeutung.
3. Vorbereitung der Hauptverhandlung.
4. Verteidigung in der Hauptverhandlung.
5. Verteidigung im Rechtsbeschwerdeverfahren (zur Rechtsbeschwerde Rdn 254 ff.).
 

Hinweis

Zur Verteidigung im Rechtsbeschwerdeverfahren gehört auf jeden Fall, dass der Verteidiger noch einmal Akteneinsicht nimmt, um Verfahrensverstöße, die ggf. die Verfahrensrüge begründen können, feststellen zu können.

Ist dem Verteidiger nicht bzw. nicht ausreichend (Akten)Einsicht in die Bedienungsanleitung/Messunterlagen des/eines Messgerätes gewährt worden, muss er sich nach der Rechtsprechung der OLG während der Rechtsbeschwerdebegründungsfrist weiter um Akteneinsicht bemühen und zur Begründung seiner Verfahrensrüge auch vortragen, das und was er unternommen hat (wegen der Einzelh. Rdn 197 m.w.N. aus der Rechtsprechung).

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