1. Überblick
Rz. 2
Eine Mehrheit von Erben vereint sich in Form der Gesamthandhandsgemeinschaft in Bosnien-Herzegowina, in Deutschland, in Finnland, in Norwegen, in der Schweiz, in der Türkei sowie in Ungarn.
2. Entstehung
Rz. 3
& Bosnien-Herzegowina
In Bosnien-Herzegowina geht die Erbschaft mit dem Tod des Erblassers auf die Erben über. Den potenziellen Erben steht jedoch bis zum Abschluss des Nachlassverfahrens, welches von Amts wegen eingeleitet wird, das Recht zur Ausschlagung zu. Mehrere Erben bilden eine Erbengemeinschaft. Die Erbengemeinschaft ist nach herrschender Lehre als Gesamthandsgemeinschaft ausgestaltet.
Rz. 4
& Deutschland
In Deutschland entsteht die Erbengemeinschaft automatisch kraft Gesetzes mit dem Tode des Erblassers gemäß § 2032 Abs. 1 BGB. Dabei ist es unerheblich, ob die Erben hiervon Kenntnis haben und ob sie überhaupt Mitglied einer Erbengemeinschaft sein wollen. Die Erbengemeinschaft bildet sich nur mit den Personen, welche auch tatsächlich Erben werden, was bedeutet, dass Personen außer Betracht bleiben, welche die Erbschaft gemäß § 1953 Abs. 1 BGB ausgeschlagen haben, gemäß § 2346 Abs. 1 BGB einen Erbverzicht erklärt haben oder gemäß 2344 BGB erbunwürdig sind. Nur der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass sich die Erbengemeinschaft auch nicht aus solchen Personen zusammensetzt, die aufgrund Verfügung von Todes wegen enterbt worden sind.
Rz. 5
& Finnland
In Finnland bilden die Erben eine Erbengemeinschaft in Form einer Gesamthandsgemeinschaft. Dabei ist von den Miterben binnen drei Monaten eine Inventarisierung der Nachlassmasse vorzunehmen.
Rz. 6
& Norwegen
Nach norwegischem Erbrecht besteht die Möglichkeit der Annahme oder Ausschlagung der Erbschaft, wobei die Annahme nicht ausdrücklich erklärt werden muss. In Norwegen entsteht die Stellung des Erben im Zeitpunkt des Todes des Erblassers. Die Ausschlagung des gesetzlichen oder gewillkürten Erben ist dabei bis zum Abschluss der Nachlassauseinandersetzung gemäß § 74 Abs. 1 AL möglich. Interessant im Rahmen der Ausschlagung ist, dass diese nicht für die gesamte Erbschaft erklärt werden kann, sondern auch nur für einen Teil, einen Bruchteil oder Betrag bzw. über alles, was über diesen Betrag hinausgeht.
Rz. 7
& Schweiz
Auch in der Schweiz entsteht die Erbengemeinschaft automatisch mit dem Erbfall. Eines weiteren Zutuns der gesetzlichen oder gewillkürten Erben bedarf es nicht. Das Vermögen des Erblassers verschmilzt mit dem des Erben zu einer Einheit. Es besteht auch in der Schweiz die Möglichkeit, die Erbschaft binnen drei Monaten nach Kenntnis der Berufung zum Erben auszuschlagen. Die Ausschlagungserklärung ist unbedingt und vorbehaltslos zu erklären und wirkt rückwirkend. In der Schweiz besteht jedoch die Möglichkeit, dass Gläubiger des Nachlasses die Ausschlagungserklärung anfechten können (Art. 578 Abs. 1 ZGB), sofern die Ausschlagung aus taktischen Gründen, also einer Gläubigerbenachteiligung, erfolgt. Wird die Anfechtung mit Erfolg durch die Gläubiger betrieben, so hat dies eine "amtliche Liquidation" des Nachlasses zur Folge.
Rz. 8
& Türkei
Da die Türkei das schweizerische ZGB in weiten Teilen übernommen hat, ist auch nach türkischem Erbrecht ein Zutun zur Annahme der Erbschaft nicht erforderlich. Die Ausschlagung hat, ebenfalls binnen drei Monaten, zu erfolgen und ist bedingungs- und vorbehaltslos gemäß Art. 609 Abs. 1, 2 ZGB zu erklären. Die Frist beginnt mit der Kenntnis über den Erbfall. Wie auch in der Schweiz (siehe Rdn 7) genießt der Gläubigerschutz einen hohen Stellenwert, sodass eine Anfechtung der Ausschlagungserklärung durch Gläubiger erfolgen kann.
Rz. 9
& Ungarn
Letztlich bilden auch mehrere Erben einer Erbengemeinschaft ungarischen Rechts eine Zugewinngemeinschaft. Dabei erfolgt der Erbanfall in Ungarn ipso iure mit dem Erbfall, ohne dass es einer Annahmeerklärung bedarf. Die Ausschlagung der Erbschaft ist in Form einer einseitigen Erklärung sowohl bei testamentarischer als auch gewillkürter Erbfolge möglich.