Rz. 30
Die eingetragene Lebenspartnerschaft gleichgeschlechtlicher Partner fand in Europa Anfang des Jahrhunderts Verbreitung, als es darum ging, gleichgeschlechtlichen Ehepaaren ein Institut für ein eheliches Zusammenleben zu verschaffen, ohne diese den Ehegatten gleichzustellen (z.B. in Deutschland, Dänemark, Österreich, der Schweiz, Luxemburg, Finnland, Irland, Kroatien, der Tschechischen Republik, dem Vereinigten Königreich, in Slowenien und Ungarn). Gemäß Art. 17b Abs. 1 S. 1 EGBGB unterliegt die Wirksamkeit der Begründung dem Recht des Ortes, an dem diese registriert worden ist. Das Gleiche gilt gem. Art. 17b Abs. 4 S. 1 EGBGB für eine gleichgeschlechtliche Ehe, wie sie mittlerweile weitgehend verbreitet ist und die die eingetragene Lebenspartnerschaft abgelöst hat. Ausländer gleichen Geschlechts können daher ihre Ehe in Deutschland auch dann registrieren lassen, wenn ihr Heimatrecht (wie z.B. das polnische oder das russische) die Ehe von zwei Personen gleichen Geschlechts noch nicht kennt. Dieses ausländische Heimatrecht wird dann naturgemäß kein gesetzliches Erbrecht für den überlebenden Lebenspartner vorsehen. Art. 17b Abs. 1 S. 2 EGBGB a.F. bestimmte für diese Fälle daher ersatzweise "insoweit" die Anwendung des Rechts des Registrierungsstaates. Bei Registrierung der Lebenspartnerschaft im Inland könnte der überlebende Partner in diesen Fällen also seinen ausländischen Lebenspartner nach deutschem Recht beerben. Diese Kollisionsnorm freilich ist offensichtlich keine familienrechtliche Kollisionsnorm mehr, sondern als Regelung des internationalen Erbrechts zu qualifizieren und daher mit dem Umsetzungsgesetz zur EuErbVO aufgehoben worden. Damit drohen eingetragenen Lebenspartnern vor allem in folgenden beiden Konstellationen Probleme:
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Ein deutscher und ein polnischer Staatsangehöriger haben in Deutschland auf dem Standesamt ihre Ehe begründet. Diese wird im polnischen Recht nicht anerkannt. Aufgrund des gewöhnlichen Aufenthalts beider Partner in Deutschland und der ausschließlichen Zuständigkeit deutscher Gerichte für die erbrechtlichen Angelegenheiten (Art. 4 EuErbVO) ist insoweit die Durchsetzung des gegenseitigen gesetzlichen Erbrechts nach deutschem Recht in Polen gem. Art. 39, 69 EuErbVO gesichert. Probleme treten freilich für den deutschen Partner auf, wenn der polnische Partner gem. Art. 22 Abs. 1 EuErbVO für die Erbfolge polnisches Recht wählt. Dieses kennt keine gleichgeschlechtliche Ehe, so dass der deutsche Lebenspartner weder ein gesetzliches Erbrecht noch ein Pflichtteilsrecht hätte. Unklar ist in diesem Zusammenhang, unter welchen Voraussetzungen sich nun aus der Rechtsprechung des EuGH in der Rechtssache Coman eine Verpflichtung der Mitgliedstaaten ergibt, die in einem anderen Mitgliedstaat eingegangene Ehe oder dort begründete eingetragene Lebenspartnerschaft im Inland als wirksam zu behandeln und ihr sogar im nationalen Erbrecht nicht vorgesehene erbrechtliche Wirkungen zuzubilligen. Gegen die Wirkungen einer solchen Rechtswahl würde allenfalls ein Erbvertrag mit vertragsmäßiger gegenseitiger Erbeinsetzung helfen. Dieser kann gem. Art. 25 Abs. 3 EuErbVO dem deutschen Heimatrecht des inländischen Partners unterstellt werden. |
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Zwei deutsche Frauen haben in Deutschland 2013 eine eingetragene Lebenspartnerschaft registrieren lassen. Ziehen diese nun nach Rumänien, so entfällt mit der Anwendbarkeit rumänischen Erbrechts über Art. 21 EuErbVO das gegenseitige gesetzliche Erbrecht. Hier könnte eine Wahl deutschen Heimatrechts (Art. 22 EuErbVO) helfen. Diese wäre aber jederzeit frei widerruflich, soweit sie nicht gem. Art. 22 Abs. 3 EuErbVO i.V.m. § 2278 Abs. 2 BGB mit erbvertraglich bindender Wirkung getroffen worden ist. |
Rz. 31
Ist umgekehrt deutsches Recht Erbstatut und die Lebenspartnerschaft im Ausland registriert worden, wäre zu prüfen, ob die ausländische Lebenspartnerschaft eine so starke rechtliche Verbindung zwischen den Lebenspartnern begründet, wie sie das deutsche Erbstatut für eine Beteiligung an der gesetzlichen Erbfolge voraussetzt (Substitution). Dies wäre beim PACS des französischen Rechts oder bei der cohabitation légale belgischen Rechts, welche z.B. jederzeit, auch einseitig, aufgelöst werden können, auch heterosexuellen Paaren offenstehen und kein gesetzliches Erbrecht begründen und damit eine im Vergleich zur eingetragenen Lebenspartnerschaft deutschen Rechts erheblich losere rechtliche Beziehung darstellen, offensichtlich nicht der Fall. Als Faustformel ließe sich insoweit festhalten, dass dann, wenn die institutionalisierte Lebenspartnerschaft nach dem Recht des registerführenden Staates der Ehe gleichgestellt ist oder ein gesetzliches Erb- bzw. Pflichtteilsrecht begründet, ein solches also auch nach deutschem Erbrecht entsteht; entsteht es nach dem Recht des registerführenden Staates nicht, ist dagegen eine entsprechende Substitution mit der eingetragenen Lebenspartnerschaft deutschen Rechts zweifelhaft.