I. Vorbemerkung
Rz. 60
Das internationale Güterrecht ist in 18 Staaten der Europäischen Union – darunter auch Deutschland und Österreich – mit Wirkung vom 29.1.2019 an durch die Europäische Güterrechtsverordnung (EuGüVO) vereinheitlicht worden. Für eingetragene Lebenspartnerschaften gilt eine parallele Verordnung (EuPartVO) vom selben Tage. Leider führen diese Verordnungen nicht zu einer umfassenden Vereinheitlichung des auf die güterrechtlichen Wirkungen der Ehe anwendbaren Rechts. Gemäß Art. 69 Abs. 3 EuGüVO gelten die Kollisionsnormen der EuGüVO ausschließlich für solche Ehen, die
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am 29.1.2019 oder danach geschlossen worden sind, oder |
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wenn die Ehegatten am 29.1.2019 oder danach eine ehevertragliche Rechtswahl für die güterrechtlichen Wirkungen ihrer Ehe getroffen haben. |
Rz. 61
Für alle anderen Ehen gilt weiterhin in jedem der teilnehmenden Staaten das nach den nationalen Regelungen bestimmte Güterrecht. Für die deutschen Gerichte und sonstigen Rechtsanwender im Inland bedeutet das, dass die sich aus dem Inkrafttreten des Grundgesetzes und der IPR-Reform von 1986 ergebende intertemporale Differenzierung um eine weitere Stufe erweitert wird. Dies gilt insbesondere im Erbrecht, da hier häufig Ehen aufgelöst werden, die schon mehr als 32 Jahre bestehen. Daher ist für die Beurteilung der Vorfrage, in welchem Güterrecht der Erblasser lebte, vorrangig darauf abzustellen, wann die Ehe geschlossen worden ist.
II. Eheschließung nach dem 28.1.2019 bzw. Vereinbarung einer Rechtswahl nach dem 28.1.2019
1. Allgemeines
Rz. 62
Haben die Eheleute am 29.1.2019 oder danach geheiratet oder aber davor geheiratet, aber nach dem genannten Zeitpunkt ehevertraglich das auf die güterrechtlichen Wirkungen anwendbare Recht gewählt, so bestimmt sich das auf die güterrechtlichen Wirkungen dieser Ehe anwendbare Recht nach den Regeln der EuGüVO (Art. 69 Abs. 3 EuGüVO).
2. Bestimmung des Güterstatuts durch Rechtswahl
Rz. 63
Art. 22 EuGüVO regelt vorrangig den Fall, dass die Eheleute das Güterstatut einvernehmlich bestimmen (Rechtswahl). Hierdurch wird deutlich gemacht, dass die güterrechtliche Rechtswahl stets vorrangig vor der objektiven Anknüpfung des Güterstatuts zu beachten ist. Die Eheleute können dabei gem. Art. 22 Abs. 1 EuGüVO zwischen folgenden Rechtsordnungen wählen:
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Dem Recht des Staates, in dem zumindest einer der Ehegatten zum Zeitpunkt der Ausübung der Rechtswahl seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; |
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dem Recht des Staates, dessen Staatsangehörigkeit zumindest einer der Ehegatten zum Zeitpunkt der Ausübung der Rechtswahl besitzt. |
Die Wahl des Belegenheitsrechts für einzelne Grundstücke (vgl. Art. 15 Abs. 2 Nr. 3 EGBGB a.F.) kommt dagegen nicht mehr in Betracht. Die Rechtswahl kann aber möglicherweise fortwirken, wenn diese vor dem 29.1.2019 vereinbart worden ist und sich dann, wenn deutsches Recht Erbstatut ist, auf die Berechnung der gesetzlichen Erbquoten auswirken.
Rz. 64
Wird die Rechtswahl nach der Eheschließung getroffen, so können die Eheleute auch wählen, ob diese mit Wirkung ex nunc (Art. 22 Abs. 2 EuGüVO) ausgestattet sein soll oder aber auf den Zeitpunkt der Eheschließung oder einen anderen Zeitpunkt nach der Eheschließung zurückwirken soll (Wirkung ex tunc, Art. 22 Abs. 3 EuGüVO).
Rz. 65
Wegen der sich aus der objektiven Anknüpfung an den "ersten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt" der Eheleute (Art. 26 Abs. 1 EuGüVO; dazu Rdn 66) ergebenden Unsicherheiten kommt der Rechtswahl eine große kautelarjuristische Bedeutung zu. Allerdings hat die EuGüVO die formalen Hürden für die wirksame Vornahme einer Rechtswahl sehr hoch angesetzt. Leben beide Eheleute außerhalb Deutschlands, so ergibt sich aus Art. 23 EuGüVO eine komplexe Anknüpfungsstaffel:
1. |
Eine "europäische Mindestform", bestehend aus der Schriftform, der Datierung und der Unterzeichnung durch beide Ehegatten, Art. 23 Abs. 1 Nr. 1 EuGüVO. Unklar ist hierbei noch, ob die Unterzeichnung höchstpersönlich erfolgen kann oder ob weiterhin der Vertragsabschluss durch Bevollmächtigte möglich ist. |
2. |
Zusätzlich dazu (kumulativ) ist das Recht des Mitgliedstaates zu beachten, in dem die Eheleute ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben.
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Leben beide in demselben Mitgliedstaat, so ist das Recht dieses Staates einzuhalten (Art. 22 Abs. 2 EuGüVO). |
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Leben diese in verschiedenen Mitgliedstaaten, so genügt die Einhaltung der Formerfordernisse eines dieser Mitgliedstaaten (Art. 22 Abs. 3 EuGüVO). |
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Hat einer (Art. 22 Abs. 4 EuGüVO) oder haben beide Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt in einem Staat, der nicht Mitgliedstaat ist, so kommt dieses Rec... | |