1. Zustandekommen der Adoption
Rz. 41
Die materiellen Voraussetzungen für eine Adoption (Minderjährigenadoption wie auch Volljährigenadoption) unterliegen seit dem 29.1.2019 (vgl. Art. 229 § 47 Abs. 4 EGBGB) bei Durchführung des Verfahrens vor einem deutschen Gericht gem. Art. 22 Abs. 1 S. 1 EGBGB dem deutschen Recht. Deutsches Recht gilt auch dann, wenn eine Adoption durch Vertrag (also nicht durch gerichtlichen Beschluss oder behördliche Entscheidung) im Ausland durchgeführt wird und der Anzunehmende in Deutschland seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat (Art. 22 Abs. 1 S. 2 EGBGB). Auf die Staatsangehörigkeit des Kindes oder den Staat, in dem es seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, kommt es nicht mehr an.
Rz. 42
Die Anerkennung einer im Ausland vorgenommenen Minderjährigenadoption regelt im Verhältnis zu den mittlerweile über 100 Beitrittsstaaten das Haager Übereinkommen über den Schutz von Kindern und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der internationalen Adoption (Haager Adoptionsübereinkommen) vom 29.5.1993. Aufgrund des Beitritts Deutschlands zu dem Abkommen kann nun gem. § 2 Adoptionswirkungsgesetz durch hoheitlichen Akt im Inland mit Wirkung erga omnes die Anerkennung einer konventionskonform begründeten Minderjährigenadoption gerichtlich festgestellt werden (= Art. 23 Abs. 1 Adoptionsübereinkommen – Anerkennungsfeststellung).
Praxishinweis:
Die vorherige Feststellung ist im Nachlassverfahren vorteilhaft, aber nicht erforderlich. Haben die Beteiligten vor dem Eintritt des Erbfalls eine gerichtliche Feststellung der Adoption nicht durchgeführt, so ist die Wirksamkeit der Adoption durch das Nachlassgericht inzidenter als Vorfrage selbst zu prüfen.
Rz. 43
Die Wirkungen einer durch ausländisches Urteil oder Verwaltungsakt zustande gekommenen Adoption (Dekretadoption) bestimmen sich nach dem Recht, das von der ausländischen Behörde im Adoptionsverfahren zugrunde gelegt worden ist. Hat die Adoption nach dem Recht, das von der ausländischen Behörde angewandt worden ist, die Beendigung der familienrechtlichen Beziehungen zur leiblichen Familie zur Folge (Volladoption), kann dem Angenommenen durch Feststellung des deutschen Gerichts gem. § 2 Abs. 2 Nr. 1 AdWirkG (= Art. 26 Adoptionsübereinkommen – Wirkungsfeststellung) die Stellung eines nach deutschem Recht angenommenen Kindes verliehen werden.
Rz. 44
Hat die Adoption nach dem hierauf angewandten Recht die Beziehungen zur leiblichen Familie bestehen lassen (sog. schwache Adoption), stellt das Gericht nur fest, dass das Kind im Hinblick auf die elterliche Sorge und die Unterhaltspflicht einem nach deutschem Recht angenommenen Kind gleichsteht (Wirkungsfeststellung gem. § 2 Abs. 2 Nr. 2 AdWirkG), kann aber auf Antrag dem Kind auch die Rechtsstellung eines nach deutschem Recht angenommenen Kindes verleihen (= Art. 27 Adoptionsübereinkommen – Umwandlungsausspruch), § 3 Abs. 1 AdWirkG.
Rz. 45
Im Fall einer Volljährigenadoption kann eine allgemeine Feststellung der Wirksamkeit der ausländischen Dekretadoption ausschließlich durch eine gerichtliche Entscheidung über die Anerkennung gem. § 108 Abs. 2 S. 1 FamFG herbeigeführt werden.
Rz. 46
Ist zur Vornahme der Adoption lediglich ein zivilrechtlicher Vertrag abgeschlossen worden (Vertragsadoption), beurteilt sich dessen Wirksamkeit (also in Bezug auf die materielle Wirksamkeit ohne Rücksicht darauf, ob die Adoption im In- oder Ausland vorgenommen worden ist) nach dem aus deutscher Sicht maßgeblichen Adoptionsstatut – also dem gem. Art. 22 EGBGB maßgeblichen Recht. Gemäß Art. 22 Abs. 1 S. 2 EGBGB ist die Vertragsadoption also nur dann wirksam, wenn sie im Ausland abgeschlossen wurde und den Regeln des Staates entspricht, in dem der Anzunehmende zum Zeitpunkt der Annahme seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.
2. Erbrechtliche Wirkungen der Adoption
Rz. 47
Fallen das auf die Wirkungen der Adoption anwendbare Recht und das Erbstatut auseinander, fragt sich, ob sich das Erlöschen des Erbrechts in der leiblichen Familie und die Begründung eines Erbrechts in d...