Rz. 55
Zitat
BGB §§ 249 Abs. 2 S. 1, 254 Abs. 2 S. 1
a) |
Der Geschädigte leistet dem Gebot zur Wirtschaftlichkeit im Allgemeinen Genüge und bewegt sich in den für die Schadensbehebung durch § 249 Abs. 2 S. 1 BGB gezogenen Grenzen, wenn er die Veräußerung seines beschädigten Kraftfahrzeugs zu demjenigen Preis vornimmt, den ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger in einem Gutachten, das eine korrekte Wertermittlung erkennen lässt, als Wert auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat. |
b) |
Um seiner sich aus § 254 Abs. 2 S. 1 BGB ergebenden Verpflichtung zur Geringhaltung des Schadens zu genügen, kann der Geschädigte im Einzelfall jedoch gehalten sein, von einer danach grundsätzlich zulässigen Verwertung des Unfallfahrzeugs Abstand zu nehmen und im Rahmen des Zumutbaren andere sich ihm darbietende Verwertungsmöglichkeiten zu ergreifen. |
a) Der Fall
Rz. 56
Der Kläger nahm den Beklagten, das Deutsche Büro "Grüne Karte", auf Ersatz restlichen Sachschadens aus einem Verkehrsunfall in Anspruch, bei dem sein Pkw beschädigt wurde. Die volle Haftung des Beklagten stand dem Grunde nach außer Streit. Die Parteien stritten nur noch darum, in welcher Höhe sich der Kläger bei der Ermittlung des Wiederbeschaffungsaufwandes den Restwert seines unfallbeschädigten Kraftfahrzeugs anrechnen lassen muss. Der vom Kläger mit der Schadensermittlung beauftragte Sachverständige ermittelte für das Fahrzeug Reparaturkosten in Höhe von 4.924,97 EUR brutto, einen Wiederbeschaffungswert von 4.200 EUR brutto und einen Restwert von 800 EUR. Mit Schreiben vom 9.4.2008 unterbreitete der Beklagte dem Kläger neun Restwertangebote, an die die Bieter bis 29.4.2008 gebunden waren und die die kostenlose Abholung des Unfallfahrzeugs gegen Barzahlung ("auf Wunsch des Geschädigten") vorsahen. Das höchste Gebot belief sich auf 1.730 EUR. Der Kläger veräußerte sein Fahrzeug am 10.5.2008 für 800 EUR an einen von ihm ausgewählten Käufer.
Rz. 57
Der Beklagte legte der Schadensregulierung einen Restwert in Höhe von 1.730 EUR zugrunde. Mit der Klage begehrt der Kläger, soweit in der Revisionsinstanz noch von Interesse, den Differenzbetrag in Höhe von 930 EUR zu dem von ihm erzielten Verkaufserlös.
Beide Vorinstanzen haben die Klage insoweit abgewiesen. Mit der vom Landgericht zugelassenen Revision verfolgte der Kläger sein Klagebegehren weiter.
b) Die rechtliche Beurteilung
Rz. 58
Die Revision hatte im Ergebnis keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hatte der Schadensberechnung zu Recht einen Restwert des Unfallfahrzeugs von 1.730 EUR brutto zugrunde gelegt.
Rz. 59
Das Berufungsgericht war im Ansatz zu Recht davon ausgegangen, dass der Geschädigte, wenn er von der Ersetzungsbefugnis des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB Gebrauch macht und den Schaden wie im Streitfall nicht im Wege der Reparatur, sondern durch Beschaffung eines Ersatzfahrzeugs beheben will, nur Ersatz des Wiederbeschaffungswerts abzüglich des Restwerts verlangen kann. Das Berufungsgericht hatte auch zutreffend angenommen, dass die Ersatzbeschaffung als Variante der Naturalrestitution unter dem Gebot der Wirtschaftlichkeit steht. Dies bedeutet, dass der Geschädigte bei der Schadensbehebung gemäß § 249 Abs. 2 S. 1 BGB im Rahmen des ihm Zumutbaren und unter Berücksichtigung seiner individuellen Lage den wirtschaftlichsten Weg zu wählen hat. Das Wirtschaftlichkeitspostulat gilt auch für die Frage, in welcher Höhe der Restwert des Unfallfahrzeugs bei der Schadensabrechnung berücksichtigt werden muss. Denn auch bei der Verwertung des beschädigten Fahrzeugs muss sich der Geschädigte im Rahmen der wirtschaftlichen Vernunft halten.
Rz. 60
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts leistet der Geschädigte dem Gebot zur Wirtschaftlichkeit indessen im Allgemeinen Genüge und bewegt sich in den für die Schadensbehebung durch § 249 Abs. 2 S. 1 BGB gezogenen Grenzen, wenn er die Veräußerung seines beschädigten Kraftfahrzeugs zu demjenigen Preis vornimmt, den ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger in einem Gutachten, das eine korrekte Wertermittlung erkennen lässt, als Wert auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat. Anders als das Berufungsgericht meinte, ist der Geschädigte insbesondere grundsätzlich nicht verpflichtet, einen Sondermarkt für Restwertaufkäufer im Internet in Anspruch zu nehmen. Will der Geschädigte das Fahrzeug der ihm vertrauten Vertragswerkstatt oder einem Gebrauchtwagenhändler bei dem Erwerb eines Ersatzwagens in Zahlung geben, so kann der Schädiger gegenüber deren Ankaufsangebot grundsätzlich nicht auf ein höheres Angebot verweisen, das vom Geschädigten nur auf einem Sondermarkt, etwa durch Einschaltung spezialisierter Restwertaufkäufer über das Internet, zu erzielen wäre. Andernfalls würde die dem Geschädigten nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB zustehende Ersetzungsbefugnis unterlaufen und dem Geschädigten die vom Schädiger gewünschte Verwertungsmodalität aufgezwungen.
Rz. 61
Auf die dargestellten Fragen kam es im Streitfall indes nicht an. Das Berufungsgericht hatte ohne Rechtsfeh...