Rz. 226
Zum Thema
Jahnke, Unfalltod und Schadenersatz, 2. Aufl. 2012, § 2 Rn 85 ff.; Klimke "Der “Entwertungsschaden’ aus haftpflichtrechtlicher Sicht" VersR 1973, 492; Staudinger-Röthel, § 849 Rn 14.
Rz. 227
Problematisch ist der Ersatz sog. Entwertungsschäden, beispielsweise die Entwertung des Unternehmens oder der Praxis durch den Wegfall des Inhabers. Diese sind auch im Fall des späteren Versterbens des Verletzten erstattungsfähig, wenn und soweit sie noch in der Person des Erblassers eingetreten sind und können von den Erben geltend gemacht werden.
a) Tod
Rz. 228
Derartige Entwertungsschäden sind aber nicht erstattungsfähig, wenn der Erblasser alsbald verstirbt und Verletzung und Tod zeitlich so nahe zusammenfallen, dass sie gemeinsam als die Ursache für den Entwertungsschaden erscheinen. Dann erben die Rechtsnachfolger den entwerteten Nachlass, ohne den Schädiger auf Ersatz in Anspruch nehmen zu können. Der unfallbedingte Wertverlust der Erbmasse ist als solcher kein erstattungspflichtiger Schaden, sondern nicht erstattungsfähiger mittelbarer Schaden der Erben. Kann nach dem Tod eines Geschäftsmannes Inventar nur unter Preis verkauft werden, ist der Mindererlös ein nicht erstattungsfähiger Schaden der Erben.
Rz. 229
Beispiel 3.9
Das Landwirtsehepaar V und M hatte seinem Sohn S den Hof übertragen und sich im Gegenzug dazu von S Versorgungsleistungen (Leibgeding) zusagen lassen. V und S bewirtschafteten den Hof, wobei dem V ein Gewinnanteil von 30 % gebührte. S wird durch Verschulden des X getötet. V und M (zugleich seine Erben) können den Hof nicht fortführen und müssen diesen sogar mit Verlust verkaufen.
Ergebnis:
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Die Hinterbliebenen des S haben (außerhalb von §§ 844, 845 BGB) keine eigenen Schadenersatzansprüche gegenüber dem X. Sie sind mittelbar geschädigt. |
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In der Person des S sind keine nennenswerten Personenschadenansprüche entstanden, die dann im Wege der Erbfolge auf V und M hätten übergehen können. |
Rz. 230
Auf die Höhe der Schadensrenten der Unterhaltsgeschädigten wirkt sich der Entwertungsschaden nicht aus, weil für die Berechnung dieser Ansprüche von den Verhältnissen auszugehen ist, wie sie ohne das Schadensereignis bestanden hätten.
b) Verletzung
Rz. 231
Beispiel 3.10
Abwandlung von Beispiel 3.9 (siehe Rn 229).
S wurde durch Verschulden des X verletzt und überlebt den Unfall 1 Jahr im Koma. Nach seinem Tode wollen V und M (zugleich seine Erben) den Hof nicht fortführen und veräußern ihn mit Verlust.
Ergebnis:
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Die Hinterbliebenen des S haben keine eigenen Schadenersatzansprüche gegenüber dem X. Sie sind mittelbar geschädigt. |
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In der Person des S sind nunmehr Personenschadenansprüche entstanden, die im Wege der Erbfolge auf V und M übergehen:
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Schmerzensgeld |
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Verdienstausfallschäden |
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Anmerkung:
Bei der Gewinnberechnung stellen die Versorgungsleistungen an die Eltern V und M gewinnmindernde Belastungen dar.
Auch ist der vereinbarte Gewinnanteil des V i.H.v. 30 % anspruchsmindernd herauszunehmen.
U.U. besteht ein Entwertungsschaden infolge des endgültigen Fortfalles seiner Arbeitskraft.
Rz. 232
Unter welchen Umständen überhaupt ein Entwertungsschaden (bei Überleben des Verletzten) verlangt werden kann, ist bereits zweifelhaft. Schwierigkeiten bereitet zudem die Ermittlung des Anspruchsvolumens. Soweit der Verletzte wegen des Unfalles keine Einkünfte mehr aus seinem Unternehmen erzielen kann, hat er einen Anspruch auf Verdienstausfall; dabei mindert der Aufwand für die Fortführung seines Betriebes seinen Schaden (Betriebskosten). Die Wechselwirkung von Verdienstausfall und Entwertungsschaden ist be...