Rz. 318

 

Zum Thema

Emmerich, JuS 1987, 489; Erman-Ebert, 13. Aufl. 2011, § 249 Rn 64 ff.; Geigel-Knerr, 26. Aufl. 2011, Kap. 3 Rn 103 ff.; Hillmann/Schneider, 6. Aufl. 2012, § 9 Rn 739 ff.; Timme "Frustrierte Aufwendungen und Schadensersatz wegen Nichterfüllung" zfs 1999, 502; Staudinger-Schiemann, § 249 Rn 123 ff.

 

Rz. 319

Die schadenrechtlich anzustellende Differenzbetrachtung verlangt einen Vergleich der durch das haftungsbegründende Ereignis eingetretenen Vermögenslage mit derjenigen Lage, die ohne den Unfall bestanden hätte. Aufwendungen, die vor dem haftungsbegründenden Ereignis bereits getätigt und aufgrund seines Eintrittes nutzlos geworden und als vergebens zu betrachten sind, werden als "Frustrationsschaden"[382] bezeichnet.

 

Rz. 320

Nicht alles, was man sich im Verlaufe eines Lebens gegönnt oder erworben hat, führt zu materiellen Ersatzansprüchen, wenn und weil man es unfallkausal nicht (mehr) nutzen kann.

[382] Zum Begriff siehe ausführlich BGH v. 10.12.1986 – VIII ZR 349/85 – BGHZ 99, 182 = DB 1987, 1418 = JZ 1987, 512 (Anm. Stoll JZ 1987, 517) = MDR 1987, 399 = NJW 1987, 831 = WM 1987, 426.

a) Nutzungswegfall

 

Rz. 321

 

Zum Thema

Burmann/Heß/Jahnke/Janker-Jahnke, 23. Aufl. 2014, § 249 BGB Rn 171 ff.

 

Rz. 322

Kann der Verletzte nach der Beschädigung seines unfallbeteiligten Fahrzeuges dieses wegen seiner Verletzungen nicht benutzen, steht ihm kein Ersatzanspruch auf Nutzungsausfall zu.[383] Ersatz von Nutzungsausfall setzt Nutzungsmöglichkeit[384] und Nutzungswillen voraus;[385] die Verletzung oder Ortsabwesenheit des Eigentümers schließt daher regelmäßig einen auf Nutzungsausfall gerichteten Anspruch aus. Neben einer Nutzungsausfallentschädigung kann eine Verzinsung (§ 849 BGB) nicht verlangt werden.[386]

 

Rz. 323

Der Anspruch besteht auch dann, wenn Familienangehörige auf das Fahrzeug rechtmäßig ­(beachte: Sonderführerscheine wie Motorrad- oder LKW-Führerschein können erforderlich sein) hätten zugreifen dürfen und kein zweites (weiteres) Fahrzeug in der Familie vorhanden ist.[387]

 

Rz. 324

Können aufgrund der Körperverletzung auch andere Vermögenswerte, z.B. Jahreskarten,[388] verlorenes Fitnesstraining, Urlaub (siehe Rn 310), nicht genutzt werden, besteht kein materieller Schadensersatzanspruch wegen dieses Nutzungswegfalles.[389] Gleiches gilt für den Entzug von Gebrauchsvorteilen bei einem Freizeit-[390] oder Liebhaberobjekt.[391] So ist entgangener Fahrspaß für ein Cabrio oder Motorrad bzw. das Genuss- und Affektionsinteresse bei Beschädigung einer Sache (z.B. Schmuck, Gartenanlage) als immaterieller Schaden nicht ersatzfähig.[392]

 

Rz. 325

Maßgeblich für die Ersatzfähigkeit eines Schadens durch Verlust der Gebrauchsmöglichkeit einer Sache ist, ob es sich um Lebensgut handelt, dessen ständige Verfügbarkeit für die eigenwirtschaftliche Lebenshaltung von zentraler Bedeutung ist. Bejaht wird dies in der Rechtsprechung – abgesehen vom Kfz – für die Wohnung und elementare Haushaltsgegenstände (Kühlschrank, Herd, wohl auch Fernseher).[393]

 

Rz. 326

Wegen sog. frustrierter Aufwendungen ist kein Ersatz zu leisten, z.B. weil der Verletzte

nunmehr seinen Piloten-[394] oder Motorradführerschein[395] im privaten Bereich (und nicht im beruflichen[396]) nicht mehr nutzen kann,
Fortfall von Fahrvergnügen (z.B. Motorrad, Oldtimer) ist eine nicht entschädigungsfähige immaterielle Beeinträchtigung;[397]
Theater- und Konzertkarten,[398]Clubbeiträge[399] (auch Tanzkurs,[400] Aerobic- oder Fitnessstudio, Volkshochschule[401]) oder Jagdausübungsrechte (Jagdpacht)[402] hat verfallen lassen müssen,[403]
einen Vortragssaal angemietet hat,[404]
seinen Hobbys[405] (vor allem Sport) nicht mehr nachgehen kann und Sportausrüstungen nicht mehr benötigt,
sein Wochenendhaus[406] oder
Reitpferd[407] nicht nutzen kann.
[383] BGH v. 10.6.2008 – VI ZR 248/07 – BGHReport 2008, 1004 = DAR 2008, 465 (Anm. Kuhn) = MDR 2008, 969 = NJW-RR 2008, 1198 = NJW-Spezial 2008, 457 = NZV 2008, 453 = r+s 2008, 352 = SP 2008, 327 = SVR 2008, 381 = VersR 2008, 1086 = zfs 2008, 501 (Auch für den Nutzungsausfall gelten die schadensrechtlichen Grundsätze der subjektbezogenen Betrachtung des Schadens sowie des Bereicherungsverbotes); van Bühren/Lemcke/Jahnke-Lemcke, Teil 3 Rn 262 ff.
[384] AG Berlin-Mitte v. 25.1.2007 – 13 C 3060/05 (Kein Nutzungsausfall nach alkoholbedingtem Führerscheinentzug anlässlich des Schadenereignisses).
[385] Dazu Berz/Burmann-K. Schneider, 30. EL, Kap. 5 Rn 58 ff. Zum Ausfall eines Behördenfahrzeuges siehe OLG Köln v. 24.2.2005 – 7 U 118/04 – DAR 2005, 286.
[386] BGH v. 24.2.1983 – VI ZR 191/81 – BB 1983, 2077 = BGHZ 87, 38 = DAR 1983, 223 = DB 1983, 2464 = LM Nr. 4 zu § 849 BGB = MDR 1983, 655 = NJW 1983, 1614 = r+s 1983, 145 = VersR 1983, 555 = VRS 65, 103.
[387] KG v. 29.9.2005 – 12 U 235/04 – DAR 2006, 151 = NZV 2006, 1357 = VersR 2006, 806 (nur Ls.) (Voraussetzung ist eine vor dem Unfall getroffene Vereinbarung, dass Dritte auf das Fahrzeug zugreifen dürfen); AG Schwäbisch Gmünd v. 30.8.2004 – 4 C 446/04 – SP 2004, 376; van Bühren/Lemcke/Jahnke...

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