Rz. 125

Häufig ist der Unfall gar nicht die eigentliche Schadensursache, sondern ein schon bestehender Vorschaden, eine schicksalsbedingte Schadensanfälligkeit oder eine vorbestehende psychische Labilität.

 

Rz. 126

Zu beachten ist, dass im Haftpflichtrecht andere Kausalitäts- und Beweisanforderungen gelten als im Sozialrecht. Da medizinische Gutachter manchmal von der im Sozialrecht vorherrschenden Kausalitätslehre der wesentlichen Bedingung geprägt sein könnten, sollten sie vorsorglich auf die im Zivilrecht geltenden Kriterien aufmerksam gemacht werden.[179]

 

Rz. 127

Ist der Unfall gar nicht die eigentliche Schadensursache, sondern ein schon bestehender Vorschaden, eine schicksalsbedingte Schadensanfälligkeit oder eine vorbestehende psychische Labilität, führt im Sozialrecht (insbesondere bei der gesetzlichen Unfallversicherung) u.U. die Lehre von der wesentlichen Bedingung zu einem Ausschluss der Leistungspflicht des zuständigen SVT.[180]

 

Rz. 128

Für das öffentliche Dienstrecht gilt Entsprechendes.[181]

[179] OLG Köln v. 5.5.1998 – 13 U 208/97 – VersR 1998, 1249; siehe OLG München v. 5.11.2010 – 10 U 2401/10 – NJW 2011, 396 = VersR 2011, 549 (Anm. Hoffmann) = zfs 2011, 203 (Anm. Diehl) (Der Sachverständige Dr. med. E. benennt in seinem Erstgutachten vom 30.5.2009 für das Vorliegen eines Unfallzusammenhanges 5 Prüfungskriterien und führt hierzu aus, dass bei Bejahung aller 5 Kriterien eine mit an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit für die Unfallkausalität gegeben ist. Er geht mit dieser Anforderung von einem Überzeugungsgrad aus, der nicht dem des § 287 ZPO entspricht und verneint im konkreten Fall die Kausalität, weil nicht sämtliche 5 Kriterien bejaht werden konnten. Auch in seinen ergänzenden Ausführungen bleibt der Sachverständige bei diesem Maßstab und zeigt durch seine Hinweise auf die Rechtsprechung des BGH zur privaten Unfallversicherung und Entscheidungen des LSG Schleswig-Holstein, dass er sich der unterschiedlichen Kausalitätsbegriffe und Beweismaße im Haftungsrecht nicht bewusst ist. Der Erstrichter hätte sich daher insbesondere auch damit auseinandersetzen müssen, ob unter Beachtung der erleichterten Beweisanforderungen des § 287 ZPO eine insoweit ausreichende Wahrscheinlichkeit für die Unfallkausalität des Tinnitus gegeben ist. Zu bedenken ist hierbei vor allem, dass der Kläger sofort nach dem Unfall über Schmerzen in den Ohren geklagt hat, und damit mindestens eines der benannten 5 Kriterien erfüllt ist.).
[180] BSG v. 2.2.1999 – B 2 U 6/98 R – HVBG-Info 1999, 1099 = VersR 2000, 789; BGH v. 25.4.2006 – VI ZR 109/05 – NZS 2006, 600 (nur Ls.) = SP 2006, 240; BGH v. 19.4.2005 – VI ZR 175/04 – BGHReport 2005, 1107 = DAR 2005, 441 = HVBG-Info 2006, 380 = MDR 2005, 1108 = NJW-RR 2005, 897 = NJW-Spezial 2005, 304 = NZV 2005, 461 = r+s 2006, 38 = SP 2005, 259 = VersR 2005, 945 = VRS 109, 98; Plagemann "Beweislastverteilung in der gesetzlichen Unfallversicherung" VersR 1997, 9.
[181] OLG Hamm v. 27.8.2001 – 6 U 252/99 – DAR 2002, 166 (nur Ls.) = NZV 2002, 171 = OLGR 2002, 113 = r+s 2002, 113 = SP 2002, 199 = VersR 2002, 994 (nur Ls.).

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