Rz. 170

Mangels einer gesetzlichen Grundlage hat die Rechtsprechung zunächst ein System des Eigenkapitalersatzrechts in Analogie zu den §§ 30, 31 GmbHG entwickelt (sog. Rechtsprechungsregeln). Durch die GmbH-Novelle im Jahre 1980 suchte der Gesetzgeber das Eigenkapitalersatzrecht mit den Regelungen der §§ 32a, 32b GmbHG, §§ 39 Abs. 1 Nr. 5, 135 InsO auf eine sichere dogmatische Grundlage zu stellen (sog. Novellenregeln). Da sich die Novellenregeln zur Lösung der Problematik des Eigenkapitalersatzes als nur bedingt zureichend erwiesen haben, wurde daneben weiterhin auf die Rechtsprechungsregeln abgestellt. Es bestand mithin ein zweistufiges System des Eigenkapitalersatzrechts. Dieses Eigenkapitalersatzrecht wurde durch das MoMiG weitgehend vereinfacht und von seinen international kaum wettbewerbsfähigen Spezifika – insbesondere von dem Tatbestandsmerkmal der Krise – entkernt. Die §§ 32a, 32b GmbHG wurden ersatzlos gestrichen und auch gegen die Weitergeltung der Rechtsprechungsregeln hat sich der Gesetzgeber des MoMiG in § 30 Abs. 1 Satz 3 GmbHG n.F. ausdrücklich verwahrt. Der Regelungsbereich beschränkt sich nunmehr auf seine insolvenzrechtlichen Bestandteile.[467]

 

Rz. 171

Nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO sind Forderungen aus Gesellschafterdarlehen nachrangige Verbindlichkeiten, es wird mithin ein gesetzlicher Rangrücktritt (Subordination) angeordnet. Eine Rechtshandlung, durch die für eine Forderung aus Gesellschafterdarlehen Sicherung oder Befriedigung gewährt wird, ist nach § 135 InsO anfechtbar. Diese ausschließlich in der InsO verorteten Vorschriften enthalten das frühere – nach überwiegender Auffassung als gesellschaftsrechtliche Vorfrage zu qualifizierende[468] – Erfordernis eines eigenkapitalersetzenden Charakters des Darlehens nicht mehr und beanspruchen für alle Gesellschafterdarlehen unterschiedslos Geltung. Der Begriff des Eigenkapitalersatzrechts umschreibt daher die geltende Rechtslage nicht mehr präzise, zutreffender erscheint die Bezeichnung als Recht der Gesellschafterdarlehen.[469] Ergänzend ist auf § 44a InsO hinzuweisen (gesellschafterbesicherte Drittkredite).

[467] Kienle, NotBZ 2008, 245, 255 f.; Dahl/Schmitz, NZG 2009, 325, 331; für Altfälle siehe OLG Jena DStR 2009, 651.
[468] Vgl. BGHZ 148, 167, 168; Altmeppen, NJW 2004, 97, 103; Altmeppen/Wilhelm, DB 2004, 1083, 1088; Eidenmüller, Ausländische Kapitalgesellschaften, § 9 Rn 42; Müller, NZG 2003, 414, 417; a.A. (insolvenzrechtliche Qualifikation) Haas, NZI 2001, 1, 9 f.; ders., NZI 2002, 456 f.; Kindler, NZG 2003, 1086, 1090; Paulus, ZIP 2002, 729, 734; Ulmer, NJW 2004, 1201, 1207; Weller, IPRax 2003, 520, 524.
[469] Vgl. MüKo/Kindler, IntGesR, Rn 601; vgl. im Zusammenhang mit cash pool Klinck/Gärtner, NZI 2008, 457.

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