Florian Enzensberger, Maximilian Maar
Rz. 95
Eine weitere Möglichkeit den Pflichtteilsanspruch zu minimieren, besteht darin, weitere Pflichtteilsberechtigte zu schaffen. Neue Pflichtteilsberechtigte sollten allerdings keinem bereits existenten Familienstamm angehören, sondern müssen zwingend einen neuen bilden. Die Geburt von Enkelkindern hat keinerlei pflichtteilsreduzierende Wirkung.
Gerade bei Patchworkfamilien spielt die Adoption von Stiefkindern eine erhebliche Rolle. Durch diese Maßnahme reduziert der Erblasser die Pflichtteilsquoten zu den eigenen leiblichen Kindern. Diese Option drängt sich immer dann auf, wenn die Beziehung zu den leiblichen Abkömmlingen zerrüttet ist. Diese Zerrüttung resultiert häufig daraus, dass sich der Elternteil nach der Scheidung oder dem Ableben des Ehegatten aus der ersten Beziehung einem neuen Partner zuwendet.
Mit der Gleichstellung ehelicher und nichtehelicher Kinder durch Inkrafttreten des Kindschaftsreformgesetzes am 1.7.1998 ist die Regelung über die Legitimation nichtehelicher Kinder überflüssig geworden.
Das Adoptionsgesetz vom 2.7.1976 wurde durch das Kindschaftsreformgesetz vom 16.12.1997 teilweise neu gefasst.
a) Adoption bis zum 31.12.1976
Rz. 96
Nach dem bis zum 31.12.1976 geltenden Recht, wurde die Verwandtschaft des angenommenen Kindes zu den natürlichen Eltern und den Verwandten und deren Verwandten nicht aufgehoben. Das adoptierte Kind behielt sein volles Erbrecht gegenüber seinen Blutsverwandten (§ 1764 BGB a.F.). Zudem erwarb das adoptierte Kind ein Erbrecht nach dem Annehmenden, es sei denn, dies wurde im Adoptionsvertrag ausgeschlossen. Ein Erbrecht zu den Verwandten des Annehmenden entstand jedoch nicht (§ 1763 BGB a.F.). Der Annehmende selbst erwarb gegenüber dem Adoptivkind kein Erbrecht (§ 1759 BGB a.F.). Die Adoption eines Volljährigen war nur in Ausnahmefällen möglich.
b) Adoption ab dem 1.1.1977
Rz. 97
Das seit 1.1.1977 geltende Adoptionsrecht unterscheidet zwischen Minderjährigen- und Volljährigen-Adoptionen. Für minderjährige Kinder gilt grundsätzlich die sog. Volladoption. D.h., dass das minderjährige Kind grundsätzlich Erbe erster Ordnung nach dem Annehmenden und sein Verwandtschaftsverhältnis zu seiner natürlichen Familien aufgelöst wird. Es besteht daher keine gesetzliche Erbfolge des adoptierten Kindes zu den leiblichen Eltern (§ 1755 BGB). Das minderjährige adoptierte Kind wird in die Familie des Annehmenden vollständig eingegliedert und erlangt gegenüber den Verwandten (Eltern, Großeltern) ebenfalls ein volles Erbrecht (§ 1754 BGB). Eine Ausnahme besteht in den Fällen der Verwandten-, Verschwägerten- und Stiefkindadoption (§§ 1755 Abs. 2, 1756 Abs. 1 u. 2 BGB).
c) Stiefkindadoption
Rz. 98
Eine Sonderregelung gilt für die Adoption des einseitigen minderjährigen Abkömmlings durch seinen Stiefelternteil. Der Abkömmling verliert dadurch nicht sein gesetzliches Erbrecht nach seinem mit dem Stiefelternteil verheirateten Elternteil, sondern es erlischt lediglich das Verwandtschaftsverhältnis zu dem anderen Elternteil und dessen Verwandten (§ 1755 BGB). Wird er als Volljähriger adoptiert, so erstrecken sich die Wirkungen der Annahme grundsätzlich nicht auf die Verwandten des Annehmenden. Die Annahme des Kindes des Ehegatten ist jedoch eine Ausnahme im Sinne des § 1772 Abs. 1c BGB, so dass auf Antrag des Annehmenden und des Anzunehmenden durch das Familiengericht bestimmt werden kann, dass durch die Adoption die Wirkungen einer Minderjährigenadoption eintreten.
Die erbrechtliche Wirkung der Adoption unter Beachtung der Änderungen zum 1.1.1977 wird von Tanck in einer einfachen Übersicht gut dargestellt, die bei Unsicherheiten schnell herangezogen werden kann.
d) Halbwaisenadoption
Rz. 99
Bei Halbwaisenadoptionen hat sich durch das Kindschaftsrechtsreformgesetz die Situation für nichteheliche Kinder geändert, so dass nach Adoptionen nach altem und nach neuem Recht differenziert werden muss.
aa) Recht bis 30.6.1998
Rz. 100
Nahm ein Ehegatte nach der Heirat die ehelichen Kinder des neuen Partners an, so blieben die Verwandtschaftsverhältnisse zu den Verwandten des zuerst verstorbenen Elternteils erhalten (§ 1756 Abs. 2 BGB). Für das nichteheliche Kind galt diese Regelung nicht, so dass es seine verwandtschaftlichen Beziehungen zu den Verwandten des zuerst verstorbenen Elternteils auch in diesem Fall verlor, es sei denn es war bereits volljährig.
bb) Recht seit 1.7.1998
Rz. 101
Seit 1.7.1998 gilt die bisher auf eheliche Kinder beschränkte Regelung auch für nichteheliche Kinder, sofern der verstorbene Elternteil Inhaber der elterlichen Sorge war. Die verwandtschaftlichen Beziehungen zu den Verwandten des zuerst verstorbenen Elternteils bleiben folglich in der Zukunft möglicherweise erhalten. Dies hat zur Konsequenz, dass der Angenommene gesetzlicher Erbe 1. Ordnung nach 3 Großelternpaaren sein kann. Ist der Angenommene bereits volljährig, so liegt eine Ausnahme im Sinne des § 1772 Abs. 1 Buchst. c BGB vor, so dass auf Antrag das Familiengericht der Adoption die Wirkungen einer Minderjährigenadoption beimessen kann.
e) Quotenminderung durch Heirat
Rz. 102
Aber auch durch Heirat oder Begründung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft